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Durchs DröhnlandRichtig rum gepoltes Herz

■ Die besten und schlechtesten, die wichtigsten und überflüssigsten Konzerte der kommenden Woche

Das war natürlich klar. Daß die Malwiederzuspätgekommenen trotzig den Stillstand zum Erfolg verklären. Das ist andererseits aber nicht nur verständlich, sondern kann auch sympathisch sein. So wie im Fall von Well Well Well, ihres Zeichens zur ersten Generation des Alternative Rock (auch wenn der damals noch nicht so hieß) in Deutschland gehörig. Das Leben tobte in den Garagen und Kellern der deutschen Provinz, und die achtziger Jahre gingen rasant ihrem Ende entgegen. So auch in Waltrop, wo sich vier junge Männer zusammentaten, um zu tun, was junge Männer gerne tun, wenn sie zu viert und nicht völlig unmusikalisch sind. Fortan lieferten Well Well Well regelmäßig schöne Gitarrenrockalben ab, die sich zwar überdeutlich an die amerikanischen Vorbilder anlehnten, aber hierzulande doch ihresgleichen suchten. Da durften sie sogar mit Dinosaur Jr. auf Tour gehen. Doch als sich Indie bis zur Selbstauflösung Richtung Charts verselbständigte, waren sie irgendwie nicht recht bei der Sache. Also besann man sich um so intensiver auf die Werte, tourte mit den ebenfalls den Massenerfolg scheuenden Wipers, nannte die neue Platte „Revised and Updated“ und nahm darauf ein paar wundervolle Songs auf, die zwar nie direkt geklaut, aber immer sehr nach Minneapolis oder Boston klingen (wo war schnell noch mal Seattle?). Schön ist, daß sie selber das wissen, noch schöner ist, daß es ihnen völlig wurscht ist. Hauptsache nur, so schreiben sie selbst, es ist „kein Dingsbums-mit-irgend-was-Crossover. Hier ist definitiv kinnbärtchenfreie Zone.“ Und das nicht aus friseurtechnischen Gründen.

Am 5.3. um 21 Uhr im K.O.B., Potsdamer Straße 157, Schöneberg

Auch nicht gerade auf der Höhe der Zeit tummeln sich Maxx Baby. Der Name legt die Party-Destination des Trios nahe, die mit fett tropfenden Funk- Rhythmen eingelöst wird. Das war dann auch schon das Beste, der Rest ist Schweinefunk-Handwerk inklusive klassischer James- Brown-Stupidität („Get Up!“- Anfeuerung im Preis inbegriffen) und zur Auflockerung eine Dumpfbackenmetalgitarre. Live funktioniert das – jede Wette – ganz vorzüglich.

Am 5.3. um 22 Uhr im Franz, Schönhauser Allee 36–39, Prenzlauer Berg

Vielleicht liegt die Zukunft ja doch im Westen. Dortselbst befindet sich nämlich das Städtchen Nancy, und Double Nelson haben den Dreh gefunden, aus der Chansonseligkeit und dem Comiccharakter so vieler anderer französischer Versuche auszubrechen. Dazu wird einer aus dem Trio ans Mischpult abberufen, von wo er derb stampfende Tapes einspielen muß, und die weibliche Stimme wird schon mal durch ein Megaphon aller Poesie beraubt. Schlagzeug und Gitarre des Duos auf der Bühne tun ihr Punkhandwerk so radikal, wie es sich vielleicht nur noch Clawfinger trauen. Doch wo die nach allerspätestens drei Stücken nur noch anöden, setzen Double Nelson eben mit ihren vielen technischen Spielereien ein. Die einzelnen Versatzstücke mögen noch so dumpf sein, ihr Kombinieren schafft eine lockere Flockigkeit, die manchmal sogar allzu sehr ins Intellektuelle lappt. Den weniger Schlauen hilft da eine unsäglich raffinierte Rhythmik wieder auf die Sprünge, die man bei dem Krach nun zu allerletzt erwartet hätte. Wenn Punkrock jemals eine Zukunft hatte, dann waren Double Nelson wohl schlicht zu spät dran.

Am 5.3. um 23 Uhr im Eimer, Rosenthaler Straße 68, Mitte, und am 10.3. um 22 Uhr im Duncker

Wer hier schon öfter die Worte Death- oder Doom-Metal gelesen hat und doch keine allzu große Lust empfand, mal auszuprobieren, was es mit diesen Bösewichtigkeiten der metallverarbeitenden Industrie auf sich hat, dem seien Paradise Lost ans Herz gelegt. Vor allem weil die fünf aus Halifax sich zuletzt immer mehr an durchaus verdaubare Auswüchse des Gewerbes angenähert haben, mithin eine Entwicklung nahmen, die der von Metallica nicht unähnlich ist. Vom Death- Geknüppel über ein meist überkompliziertes Zwischenstadium hin zu klassischen Songstrukturen, die dafür aber mit einer aus Erfahrung gespeisten Intensität eine neue Qualität erreichen. Was auf der letzten Paradise-Lost- Platte „Icon“ vom Doom vor allem geblieben ist, ist die saudüstere Grundstimmung, die allerdings auch gut von Dark-Wave- Kapellen wie den Sisters of Mercy abgekupfert sein könnte. Crowbar dagegen repräsentieren eine Entwicklungsstufe, die Paradise Lost kürzlich gesund hinter sich gebracht haben: satt schmachtender Doom, nur hin und wieder mal schnell und mit hektischen Breaks, solides Stampfen ohne jeden Schnörkel und der gemütlich- vertrauten Hab'-heute-morgen- schon-mein-Frühstück-ausgekotzt-Stimme. Gewisse Hardcore-Einflüsse sind bei Crowbar sowohl visuell als auch musikalisch nicht zu übersehen, Paradise Lost sind da doch eher aus der guten alten Dorfmetallikerschule – und zudem mit den besseren Melodien. Gibt knappen Punktsieg.

Am 5.3. um 21 Uhr in Huxley's Neuer Welt, Hasenheide 108–114, Kreuzberg

Also, der Satz ist zu hübsch, der gehört zitiert: „Aus sporadischen Sessions entwickelten sich – von den Musikern unbemerkt – nachvollziehbare Songstrukturen.“ So steht es im Info der Brillanten, gegründet 1991 in Berlin. Dabei müssen sie allerdings allzu abwesend oder allzu vertieft gewesen sein, denn der kleine schnuckelige Pop, den das Quartett macht, weist so was von offensichtlichen Songstrukturen auf, mit Refrains und Strophen und sonst auch allem, was ein richtig rum gepoltes Herz begehrt. Damit reihen sie sich zwar in die neue deutschsprachige Popbefindlichkeit ein, bleiben aber leider musikalisch bieder und textlich viel zu nahe beim Herzschmerz. Aber auch in Hamburg ging das ja nicht von heute auf morgen.

Am 9.3. um 21 Uhr im Flöz, Nassauische Straße 37, Schöneberg

Zum Abschluß noch der allseits beliebte Schunkeltip, der diesmal allerdings nicht von der Grünen Insel oder aus Frankreich stammt. Als die Engländer Irland und Schottland eroberten, schlugen sich einige der dort beheimateten Kelten bis nach Spanien durch, gründeten eine Band und nannten sie aus naheliegenden Gründen Celtas Cortos. Und tatsächlich liegt die Assoziation, die Dubliners würden plötzlich Spanisch singen, nicht allzu fern. Hin und wieder blitzt – oder besser flötet – zwar auch spanische Folklore auf, aber selbst ein Guinness wäre nicht völlig fehl am Platz.

Am 9.3. um 21 Uhr im Huxley's Junior Thomas Winkler

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