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Durchs DröhnlandWenn Underground kein Underground mehr ist

■ Die besten und schlechtesten, die wichtigsten und überflüssigsten Konzerte der kommenden Woche

Als um den letzten Jahrzehntwechsel herum London seine Vorherrschaft in Sachen Hipness mal kurzzeitig an Manchester abtreten mußte, waren 808 State mittendrin und versuchten dem gerade mächtig aufgeblühten Acid House eine etwas düsterere Seite abzugewinnen. 1987, noch sprach niemand von Rave, hatten sie sich gegründet und sich nach dem Roland 808 benannt, jenem Synthesizer, aus dem sie vornehmlich ihre Sounds zogen.

Längst schon hat natürlich auch hier der Sampler seinen Arbeitsplatz, aber auf ihrer aktuellen Platte „Don Solaris“ erinnern sie dann doch eher an klassische Synthie-Popbands vom Anfang der 80er. Nicht allzuviel ist geblieben von dem manchmal recht rhythmuslosen, sphärischen Dahingewaber, mit dem sie heute zu Recht ein Copyright beantragen dürfen für Trickys Alptraumszenarios und ähnliche aktuelle Tendenzen. Statt dessen sind 808 State inzwischen wieder beim Song angekommen.

Mit DJ Spooky, 22. 11., 21.30 Uhr, Boogaloo, Brückenstraße 1

Mit dem US-Gitarrenunderground ist es auch nicht mehr weit her, seit er kein Underground mehr ist. Weswegen jetzt manches aus der ehemals zweiten Reihe in die erste rutscht und sich dort dann plötzlich mit Kultstatus konfrontiert sieht. Bei Steve Westfield paßt das noch besser, weil der Mann aus Boston nicht nur mit Buffalo Tom, Sebadoh und Dinosaur Jr. gut bekannt war, sondern auch noch die entsprechend depressiven Töne zum besten gibt. Seine Band hat er nicht umsonst The Slow Band getauft, und die Liebe hat ihn bisher auch nicht gefunden. Armer Mann, wunderschön traurige Musik.

22. 11., 22 Uhr, Insel, Alt-Treptow 6

Neueste Nachrichten von unseren Kumpels aus der Mülltonne: Die Chrome Cranks sind noch am Leben, es geht ihnen sogar ausgesprochen gut. Sie haben zwar immer noch den Blues, aber jemand hat sich erbarmt und ihnen neue Gitarrensaiten geschenkt, mit denen sie noch fiesere Geräusche als bisher machen.

Auch hat Peter Aaron seine Stimme nicht verloren, auf daß sie weiterhin waidwund wie nix Gutes daherkreischen möge. Die vier New Yorker, deren Nukleus nicht ohne Grund von Ohio in den Moloch geflüchtet ist, halten sich für unheimlich cool (eine kürzliche EP hieß gar „Dead Cool“) und sie haben Recht damit.

22. 11., 20 Uhr, Trash, Oranienstraße 40/41

Lustig wäre die Vorstellung, Geraldine MacGowan mit den Chrome Cranks in einen Übungsraum zu sperren. Entweder gibt's Tote oder irre Erkenntnisse auf beiden Seiten. Auf der Platte von MacGowan prangt ein Aufkleber „The Golden Voice of Dublin“, und daneben fällt gelocktes Wallehaar, als würden keltische Druiden immer noch Misteln sammelnd durch gruselige Wälder streichen.

Aber das hat selbst MacGowan nicht mehr erlebt, und die macht schon seit einen Vierteljahrhundert Musik, was sie in Irland längst zur Institution, ihre Musik aber zu recht eingesüßtem Irish Folk gemacht hat. Über dem thront aber tatsächlich eben jene goldene Stimme.

22. 11., 22 Uhr, Franz, Schönhauser Allee 36–39

In Münster hat's Goldgräberstimmung nach H-Blockx, also wird in der lokalen Presse über Ate Hands For Brains berichtet wie von der Börse: Plattenvertrag in Aussicht, dann nicht, nun doch endlich. Mit ihrem netten Knall- Rock, der auch auf HipHop-Ausflüge nicht verzichten mag, passen sie sich dann auch bestens in solche Kategorien ein. Auch in diesem Fall ist alles möglich, aber es muß nicht unbedingt sein.

23. 11., 21 Uhr, Schoko-Laden, Ackerstraße 169/170

Thee Ultra Bimboos machen einen herrlich kratzigen Garagen-Rock mit gnadenlos altmodischen Versatzstücken aus der großen Zeit der Psychedelia sprich den Sixties. Sie kommen aus Finnland, was mal wieder typisch ist, und sie sind vier Frauen, was eher untypisch ist und womit die Szene auch nicht so ganz zurechtkommt.

Ihr Label Twang! hat ihnen ein Info geschrieben, um die „heißblütigen“ „Grazien“, „Girls“ und „Mädels“ zu bewerben. Man vergißt auch nicht darauf hinzuweisen, daß „die ja spielen können“ und natürlich „auch optisch“ einiges zu bieten haben. Eh Leute, darüber waren wir doch eigentlich schon drüber weg.

Mit Cuban Rebel Girls, 23. 11., 21 Uhr, Trash

Es ist wirklich nicht zu glauben, aber Jad Fair sieht immer noch so aus wie der kleine Junge mit der zu großen Brille, der er schon 1977 war, als er seine ersten Platten veröffentlichte. Ebenso unverändert sind allerdings auch seine musikalischen Mittel: Mit Half Japanese macht er Rock, oder was er dafür hält, woanders knallt er dann völlig durch.

Nun hat er sich mit dem Schweizer Gilles-V. Rieder zusammengetan und nur mit Schlagzeug, Gitarre und ein paar Tapes bewaffnet 45 Songs in nur 67 Minuten in gewohnt kindlicher Art und Weise umgesetzt. Und das Fieseste: Auf der CD ist das nur ein einziger Track, also nichts mit Weiterhüpfen per Fernbedienung. Die späte Rache eines Vynilverehrers.

24. 11., 21 Uhr, Knaack, Greifswalder Straße 224

Nichts Böses sagen sollte man über My Dying Bride, denn böse sind sie selbst genug. Auch wenn sie schon früh versuchten, ihre eigentlich vom Doom-Metal kommenden Sounds romantisch umzudeuten. Dazu bediente man sich zwar recht einfacher Mittel wie zum Beispiel Geigen, aber ließ vor allem den Kotzgesang weg und entschied sich für die pathetische Geste. Das klingt zwar manchmal wie ein Abziehbildchen, aber rührt dann doch das Herze.

Mit Cathedral, 28. 11., 20.30 Uhr, Loft, Nollendorfplatz Thomas Winkler

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