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Durchs DröhnlandDer Hang zum Gesamtkunstwerk

■ Die besten und schlechtesten Konzerte der kommenden Woche

Diskurs-Pop, die wievielte eigentlich? Auch egal, solange der Bum Khun Cha Youth solche Zeilen gelingen, wie sie das Ende einer Liebe nicht treffender beschreiben könnten: „Ich hab' schon kapiert, nun laß uns nicht auch noch Freunde bleiben müssen.“ Das Trio hat sich zwar nach einem Fußballer benannt, der in den Achtzigern bei Eintracht Frankfurt und Bayer Leverkusen kickte, kommt aber aus Hamburg, und Jan Müller, Bassist von Tocotronic, hat sein Label für die erste Single zur Verfügung gestellt. Die Referenzen sind also da, wenn auch die Bum Khun Cha Youth sich fast ausschließlich auf die klassischen Jungsproblematiken beschränkt. Daß man Teil einer Jugendbewegung sein möchte, wird hier nicht explizit ausgesprochen, scheint aber allzeit zwischen den Zeilen hervor, in denen Sportschau und Claudia Schiffer die Bezugspunkte eines durch und durch juvenilen Universums sind.

Mit Concord und Derrick (beide ebenfalls aus Hamburg), 2.Mai, 22 Uhr, Volksbühne, Roter Salon

Einen Hang zum Gesamtkunstwerk können Auktyon nicht verleugnen, wenn bei den Auftritten der Band aus St. Petersburg ein kostümierter Schauspieler Klopapier ins Publikum abrollt und brüllt: „Geld ist Papier.“ Weil 1986 die eh schon eindeutige Assoziation einmal konkret auf dem nackten Arsch vorgeführt wurde, bekamen Auktyon sogar Ausreiseverbot. Spätestens seitdem werden sie zu Hause kultisch verehrt, und hierzulande haben sie sich zumindest in den neuen Bundesländern inzwischen einen guten Ruf als Live-Band erspielt. Da trifft ein ähnliches Kulturverständnis aufeinander. Zudem spielen Auktyon einen flotten Folkrock, und manchmal werden sie sogar richtig laut und böse mit ihren akustischen Instrumenten. Aus Estland kommen Ne Zdhali, die ebenfalls osteuropäische Folklore durch den Fleischwolf drehen, und das so vehement, daß sie in den Niederlanden zeitweise im Umfeld der Hardcore-Legenden The Ex oder Dull Schicksal abtauchten.

6.Mai, 21 Uhr, Pfefferberg,

Schönhauser Allee 176

Hektische Sequenzer reiben sich an knirschenden Loops und Samples aus der Autowerkstatt um die Ecke, dazwischen funken kleine Fiepsgeräusche, die es einem nicht allzu bequem machen sollen. Und über allem eine Stimme, die ebenso angeödet wie eindringlich vom grauen britischen Alltag erzählt. Aber trotz aller typischen englischen sozialen Verantwortlichkeit enden The Aloof letztlich in einem ebenso typisch englischen „Come on over here and have some fun“. Passenderweise saufen sie sich selbst des öfteren die Hucke zu und nehmen Hotelzimmer auseinander, als wollten sie Oasis mit Macht aus den Boulevardblättern drängeln.

Die Londoner hören sich zwar an wie ein halbwegs neuer Entwurf zum momentanen Zeitlupen-Tanzboden, benehmen sich aber so altmodisch und abgeschmackt wie altbackene Rock 'n' Roller. Also irgendwie ganz mittendrin in dem, was die Insel momentan gerade so umtreibt, vielleicht nicht gerade das Beste aus beiden Welten, aber immerhin der Versuch, Britpop ohne diese langweiligen Gitarren zu machen. Komplettiert wird der Abend von Lowpass, Audioweb und einigen DJs, darunter Andy Smith von Portishead.

8.Mai, 21 Uhr, Pfefferberg

Die Hälfte des Jahres leben Yield 7 in Australien, die andere im österreichischen Linz. Alle drei Monate trennt sich das Trio, um anderen Projekten und Interessen nachzugehen und sich drei Monate später wieder zu vereinigen. So wird die Bandstruktur geweitet, und der Musik möge es genauso gehen. Und wenn man will, kann man diesen exotischen Entwurf in ihrem Postrock auch hören. Zum einen rocken sie mal altmodisch daher, lassen die Gitarre jodeln, wie es sich gehört. Dann aber pulsiert der Rhythmus, als wolle er mit dieser Rockscheiße aber auch rein gar nichts zu tun haben. Dann wieder lassen sie die Elektronik vor sich hinblubbern, als säße ein Zweijähriger an den Reglern. Langeweile kommt da garantiert nicht auf, und komischerweise kriegen sie sogar meist noch die Kurve, bevor es nervtötend wird.

8.Mai, 22 Uhr, Duncker,

Dunckerstraße 64, Eintritt frei! Thomas Winkler

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