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Durchs DröhnlandHerr, hilf!

■ Die wichtigsten und überflüssigsten Konzerte der kommenden Woche

Werden wir etwas vermissen? Vielleicht. Wahrscheinlich aber eher nicht, denn Gom Jabbar verlieren zwar ihren Sänger Armin Duddeck, aber man kann durchaus geteilter Meinung sein, ob das ein Verlust ist. Außerdem steht der Nachfolger schon bereit: Christoph Sowa kommt von The Out. Gefeiert wird Abschied und Ankunft und wohl auch die Gewißheit, daß Gom Jabbars Schweinefunk mit Hang zum Crossover der alte bleiben dürfte.

2.10., 21 Uhr, Quasimodo, Kantstraße 12 a, Charlottenburg

Nicht so ganz entscheiden wollen sich FormWandler zwischen TripHop und Drum 'n' Bass. Die Unterscheidung mag inzwischen nur mehr akademischer Natur sein, aber hier kann man sie hören. Für TripHop ist das Berliner Trio viel zu hektisch, packt zu viele Geräusche und Ideen auf einen Tick zu schnelle Breakbeats, die aber für Drum 'n' Bass wieder etwas zu lahmarschig sind. So mittendrin musiziert es sich aber offensichtlich ganz nett, denn schlußendlich taugt es sowohl zum Chillen als auch durchaus als Soundtrack zum Ecstasy- Rausch. 3.10., 21.30 Uhr, Schoko-Laden Mitte, Ackerstraße 169/170

Übertreibt es Bernd Begemann jetzt? Ist der Rückgriff auf den alten Bandnamen Die Antwort möglicherweise das Eingeständnis, daß der nach der Auflösung der ersten Antwort eingeschlagene Weg zum deutschen Troubadour mit sozialem Gewissen gescheitert ist? Sind Begemanns Songs womöglich doch immer nur Schlager gewesen? Wo ist sein Zynismus hin, wenn die neue Platte mit „Liebe ist echt“ beginnt, als sei Liebe wirklich echt? Will er jetzt die Pur-Fans kriegen? Oder wird Begemann jetzt Jonathan Richman und singt bald von Avocados? Außerdem: Mußte das denn sein mit den Klimpergitarren? Hat Begemann wenigstens immer noch sein unverschämt schiefes Ich-bin-vielleicht-zu- dick-aber-ich-weiß-trotzdem- wo's-langgeht-Grinsen drauf? Fragen über Fragen, die Antworten werden Antwort am...

3.10., 22 Uhr, Schleusenkrug, Müller-Breslau-Straße, Charlottenburg

Auch Hamburg, aber aus einer anderen, wenn auch nicht völlig anderen Welt: Fink werden ganz gern als so was wie die Country-Ausgabe der Hamburger Schule gehandelt. Es wird zwar gemunkelt, daß es die nicht mehr gibt. Doch u.a hat man dort auch gelernt, daß Country hierzulande ein nicht zu unterschätzendes Problem ist. Fink umgehen es, indem sie keinen Country spielen, der nach Slide-Guitar oder Cowboy-Boots schmeckt. Ihr Zugang ist statt dessen sogar noch steifer als der von FSK, so als wären sie selbst unsicher, was anzufangen mit dem vorbelasteten Genre.

Was nicht bedeutet, daß ihre Musik nicht grooven würde, aber das tut sie halt ganz anders als in Nashville. Kurz gesagt: Fink machen so ziemlich alles richtig, weswegen man sie einfach lieben muß. Und dann kommt die Trompete. Nicht nur deswegen erinnern sie mich auch ziemlich an Element of Crime, auch wenn sie noch ein gutes Stück vor sich haben bis zu deren gepflegter Depression. Erst mal aber sind Sätze wie dieser nicht schlecht: „Als einmal einer nicht kam, auf den niemand gewartet hatte, saßen wir einfach nur da.“ Ist das jetzt zufrieden gemeint oder kurz vorm Strick? Herr hilf, wirf Glück und Zufriedenheit vom Himmel.

4.10., 21 Uhr, Knaack, Greifswalder Straße 224, Prenzlauer Berg

Kann man eine TexMex- Band sein und das Herz an den Jazz verloren haben? Oder umgekehrt? Calexico können. Ganz einfach so. Keine Überraschung bei der Vorgeschichte, denn Calexico sind das ganz persönliche Projekt von Joey Burns und John Convertino, der Rhythmus-Sektion der Wüstenrock-Dinosaurier Giant Sand. Das andere Nebenprojekt Friends of Dean Martinez hat sich schon an ähnlichem versucht, wenn auch ein wenig flotter, denn Calexico lassen den Song meist Song sein und schwelgen vor allem in den vorzugsweise erdfarbenen Stimmungen, die das mexikanische Klischee so bereit hält. Ist trotzdem wunderwunderschön.

Mit Lambchop und Vic Chesnut am 6.10., 20 Uhr, Passionskirche, Marheinekeplatz, Kreuzberg Thomas Winkler

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