Durch Migration zu einem besseren Land: Mischrepublik Deutschland

Warum man nicht in „wir“ (die Einheimischen) und „sie“ (die Migranten) unterscheiden sollte.

Beispielhaft für die Mischrepublik Deutschland: Die Bundeskanzlerin beehrt einen Azubi der Berliner Verkehrsbetriebe BVG. Bild: rtr

Neulich, nach den Anschlägen auf die KollegInnen von Charlie Hebdo und die jüdischen SupermarktbesucherInnen in Paris, wurden etliche Zeitungsreportagen aus deutschen muslimischen Szenen veröffentlicht.

In einem Bericht wurde ein Mann zitiert, der nach dem Besuch einer Moschee sinngemäß sagte: „Meine deutschen Freunde“ Und so weiter. Er war aber, so erfuhr man bei der Lektüre, selbst Deutscher - aber er sah sich nicht als solchen.

Und zwar, erklärten mir muslimisch geprägte Freunde hernach, weil Einwanderern und ihren Kindern ständig mehr oder weniger deutlich signalisiert wird, nicht deutsch zu sein. Aber kann man sich nicht darüber hinwegsetzen, was andere von einem denken?

ist taz-Redakteur für besondere Aufgaben, und kuratiert seit 2009 die Kongresse der taz, die taz.labs.

Bürger gleicher Rechte und Pflichten

Hat man einen deutschen Pass, ist man deutsch - was denn sonst? Offenbar ist es schwierig, selbst in alternativen oder linken Kreisen, ähnlich republikanisch wie in Frankreich zu denken.

Also nicht in kulturellen Kategorien, sondern in staatsbürgerlichen. Wer ein citoyen ist, ein Bürger mit gleichen Rechten und Pflichten entscheidet die Zugehörigkeit zur gemeinsamen staatlichen Verfasstheit.

Das Kulturelle - ob in sprachlicher oder ethnischer Hinsicht - kann (nur) interessant sein für die Sphäre der gesellschaftlichen Kommunikation, nicht jedoch für die Entscheidung, ob eineR dazugehört oder nicht.

Auf dem taz.lab wird es verschiedene Lesungen, Workshops und Podien zu diesem Thema geben: Neudeutsche und Altdeutsche; weshalb das Mitsingen der Nationalhymne gerade von Menschen wie Mesut Özil und Sami Khedira gewünscht werden kann (auch weil es nämlich an Blut & Boden verhaftete Deutsche wütend macht) und auf welche Weise man möglicherweise auf diese ganze blöde, ethnifizierende, kulturalisierende Migra- und Antimigrasprache verzichten sollte.

Dieses Land ist durch die Migration besser geworden, schöner

Zugesagt haben bereits eine Fülle von Referierenden - solche vor allem, die sich weder in Europa und schon gar nicht in Deutschland die Butter vom Brot nehmen lassen wollen.

Man könnte ihr kämpferisches Ziel einfach benennen: der Bau einer prima Mischrepublik Deutschland. Schluss mit dem ganzen rassistischen Spuk, der in jedem Flüchtling, in jedem Einwanderer, in jedem Neudeutschen ein Problem erkennt.

Stattdessen wäre es doch fein, würde man in allen neuen Bürgern Interessantes, Neugier Stiftendes und Freundschaftswertes erkennen.

Multikulti als Kulturkonzept mag gescheitert sein oder inzwischen zum Alltag gehören - wie und was auch immer. Vor allem ist, da widerspricht man inzwischen selbst CDU-Politikern nicht, dieses Land durch die neuen Deutschen erheblich vitaler geworden. Gut so oder wie?

JAN FEDDERSEN