piwik no script img

Düsterer „Tatort“ aus WienReue und Russisch Roulette

Für die Wiener „Tatort“-Kom­mis­sa­r:in­nen beginnt der Fall erst nach einem Strafprozess. Rasch wird er zum Verwirrspiel – mit zig falschen Fährten.

Kommissarin Bibi Fellner (Adele Neuhauser) trifft mal wieder auf „Inkasso Heinzi“ (Simon Schwarz) Foto: ARD

Um 14.07 bin ich aus dem Bus gestiegen“, sagt der Mann. „Ich bin zwischen 14.09 Uhr und 14.12 Uhr zu Hause angekommen“, fährt er fort. Er sitzt in seinem Haus in einem Wiener Vorort und blickt starr geradeaus. Neben ihm auf dem Sofa liegt die blutüberströmte Leiche seiner Frau. Ihr Kopf liegt in seinem Schoß. Die Er­mitt­le­r:in­nen fragen, was passiert sei, nachdem er zu Hause angekommen ist. Er antwortet: „Um 14.39 Uhr habe ich die Polizei gerufen.“

Die österreichischen Kom­mis­sa­r:in­nen Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) ermitteln in einem Fall, der anfangs eindeutig wirkt, aber immer mehr zu einem Verwirrspiel mit vielen falschen Fährten wird.

Der Mann, der in seinem Wohnzimmer neben zwei Frauenleichen sitzt – der seiner Ehefrau und einer ihrer Freundinnen –, heißt Stefan Weingartner (Johannes Zeiler) und gesteht sofort alles: Er kommt früher von der Arbeit nach Hause, er hört seine Frau beim Sekttrinken mit einer Freundin vom tollen Sex mit ihrem Liebhaber erzählen, er sticht beiden Frauen ein Küchenmesser in den Hals.

Der wirkliche Fall beginnt für Fellner und Eisner allerdings erst nach dem Strafprozess: Als der Staranwalt, der Weingartner verteidigt hat, tot in seinem Büro gefunden wird. Erst verhilft der seinem Mandanten zum Freispruch, kurz danach hat er eine Kugel in der Brust.

Ästhetische Reise in die 70er

Ein Motiv haben viele: Weingartners Tochter, die ihren Vater hinter Gittern sehen will und über ihr Alibi lügt (ihr Freund habe an jenem Abend Rindsroulade mit Reis für sie gekocht, dabei hatte er dazu Bandnudeln serviert). Eine Reinigungskraft, deren Nichte von dem Anwalt vergewaltigt wurde, putzt in der Tatnacht in dem Gebäude, in dem sein Büro ist. Und zur selben Zeit verschwindet Weingartner, kurz nachdem er aus dem Gefängnis entlassen wurde. Der einzige Anhaltspunkt: Eine Blumenhändlerin und „Schicksalsbekanntschaft“, die Weingartner Briefe ins Gefängnis geschrieben hat.

Der Krimi

Wien-„Tatort“: „Alles was Recht ist“, So., 20.15 Uhr, ARD

Das Ambiente dieses „Tatorts“ versetzt Zuschauende ästhetisch zurück zu den Anfängen der Krimireihe: in die Siebzigerjahre. So sehr, dass man sich fast wundert, als Eisner das Smartphone des toten Anwalts zückt und in der Leichenhalle vor dessen Gesicht hält, um es mit Face-ID zu entsperren.

In „Alles was Recht ist“ erzählt Regisseur Gerald Liegel in modernen Bildern und einer düsteren, stimmungsvollen Welt von Hass, Reue und russischem Roulette. Und am Ende vor allem davon, was religiöser Fundamentalismus für Folgen haben kann.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!