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Droschken und TouristenDie Stadtgäule

23 Pferdefuhrwerke schleppen sich durch Berlin. Und sie verursachen weniger Unfälle als gedacht.

Touristen lieben sie: Pferdedroschke am Brandenburger Tor. Bild: dpa

Es gibt nur wenige Möglichkeiten, das Berlin früherer Tage zu erleben. Eine ist, ins Museum zu gehen und konservierte Hinterlassenschaften zu betrachten. Eine andere Möglichkeit ergibt sich eher unvermittelt, hat aber auch mit Hinterlassenschaften zu tun: Ab und an zieht der Geruch frischer Pferdeäpfel durch die touristisch geprägten Stadtgebiete – wer sich diese Ausdünstungen vertausendfacht vorstellt, bekommt eine Ahnung davon, wie Berlin zu Hochzeiten der Pferdedroschken gestunken hat.

Heute nerven weniger die Ausdünstungen der Pferde-Give-aways, als vielmehr die Langsamkeit der Kutschen, wenn sie wieder mal mit ihren 2 PS die rechte Spur lahmlegen. Insgesamt 23 Gefährte dieser Art sind derzeit in Berlin im Einsatz, 31 Pferde werden dafür eingesetzt. Das ergab die am Mittwoch veröffentlichte Antwort auf eine Kleine parlamentarische Anfrage der – hätten Sie’s geahnt? – Piraten. Vielleicht planen die ja, demnächst mal so ein Gespann zu kapern.

Die Anfrage zeigt, dass Droschken samt Lenker durchaus Fortschritte machen – etwa beim Thema Verkehrssicherheit. Kam es 2008 noch zu zwei Unfällen mit sage und schreibe zehn verletzten Tieren (und einem verletzten Menschen), so weist die Statistik für 2011 in allen Kategorien eine glatte Null aus. Schön ist auch, dass keines der eingesetzten Pferde bei einer Kontrolle durch das Veterinäramt Anzeichen von Stress zeigte. Was als Entschuldigung für die niedrige Geschwindigkeit gern angenommen wird.

Denn offensichtlich liegt den Berlinern die Gesundheit der Gäule am Herzen: Nur so ist es zu erklären, dass es seit 2008 etwa 20 Anzeigen wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz gegen die Pferdefuhrwerksbetriebe gab. Teilweise zu Recht: Auch das Veterinäramt stellte mehrfach solche Verstöße fest. Die Folge: ein Bußgeld. BIS Foto: dapd

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5 Kommentare

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  • S
    suswe

    Es ist in meinen Augen Tierquälerei und keine Bereicherung. Bereicherung wäre eine autofreie Innenstadt.

  • E
    eva

    Selbst wenn sie den Menschen nicht schaden:

    Pferdekutschen haben in der Stadt nichts zu suchen.

    Sie sind anachronistisch und tierquälerisch und eine Gefahr für die übrigen Verkehrsteilnehmer.

     

    Pferde sind bewegegungsaktive Fluchttiere. Der Lärm in der Stadt, das erzwungene stundenlange Stehen, Nahrungs- und Wassermangel und im Sommer starke Hitze sind für die Tiere quälend.

    Auch in ihrer "Freizeit" sehen die Tiere oft nie eine Wiese mit Gras, sondern stehen angebunden in irgend einem dunklen Stall in der Stadt.

    Dies oft nicht nur eine Saison, sondern ein ganzes Pferdeleben lang, ohne Rücksicht auf die Gesundheit der Tiere.

    Immer wieder passiert es, dass Pferde zusammenbrechen oder durchgehen. Im ersten Fall ist "nur" das Pferd tot und wird einfach durchs nächste ersetzt, im zweiten kommen oft auch Menschen zu Schaden. In Städten wie Wien passiert das regelmäßig - imSchnitt fast einmal im Monat.

     

    Nur: wie viele schlimme Unfälle mit Kutschen müssen passieren, damit Pferdekutschen in der Innenstadt endlich verboten werden?

     

    Wer sich kutschieren lassen will, soll eine Fahrradrikscha wählen. Deren Fahrer strampelt freiwillig. Und ist keine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer.

  • E
    Elisabeth

    @ Radlerin: wie traurig ist das, dass Sie sich über Existenz und Duft von Pferdeäpfeln ärgern. Sind es Tonnen davon, die Sie umfahren müssen ? Ich frage mich, ob Sie auch klagen, wenn Sie mit Ihren Sprösslingen einen Ponyhof oder Streichelzoo besuchen. Da riecht es ja ebenso.

    Tiere in der Stadt sind sind ein sensibles Thema, in erster Linie wg. Tierschutzes, ganz klar. In anderen Städten gibt es das aber auch, in Wien zum Beispiel. Dort würde nur keiner auf die Idee kommen, wg. der Pferde zu jammern. Hier sind leider manche nicht imstande, über ihren Tellerrand zu blicken und z. B. auch anzuerkennen, dass etwas, was einen selbst stört, trotzdem eine Bereicherung für andere sein kann.

    Diese Leute glauben aber vermutlich auch an keimfreie lila Kühe...

  • R
    Radlerin

    Genau @Wolfgang Banse, nicht nur optisch sind die Pferdekutschen eine Bereicherung! Ich schätze an den Pferden besonders, dass sie auf den Fahrradstreifen ihre Hinterlassenschaften hinterlassen und ich als Fahrradfahrerin im Sommer Slalom fahren darf und die Gerüche aus nächster Nähe wahrnehmen darf. Eine wahre Bereicherung.

  • WB
    Wolfgang Banse

    Pferde sollten auch weiterhin Pferde genannt werden

    Tiere sind Geschöpfe ,dies sollten sie auch erfahren im Bezug auf die Wortrauswahl.Pferde sollten weiterhin Pferde heißen dürfen und nicht mit als Gäule abqualifiziert werden.

    In der 3,4 Millionen Stadt Berlin sind die Pferde mit ihren Kutschen eine nicht nur optisceh Bereicherung im Straßenbild.