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Drohung wegen Rushdie-Text

■ Wegen einer Schaufensterdekoration mit taz-Artikeln über Rushdies „Satanische Verse“ wurde ein Buchhändler bedroht

Am vergangenen Montag betraten zwei Männer eine Buchhandlung, die hauptsächlich politische Literatur und Kunstbücher führt. Sie forderten den Besitzer, der nicht namentlich genannt werden möchte, auf, die taz-Artikel, die Ausüge aus den Satanischen Versen im Wortlaut wiedergaben, aus der Auslage zu nehmen, da sie sich „in ihrem Glauben beleidigt fühlten“ und Rushdies Buch islamische Frauen zu Huren degradiere. In dem Schaufenster waren außerdem der Koran, Paragraph-129a-Infos, Flugblätter für Ausländerwahlrecht, Auszüge aus einem Bericht über das Buch von Republikaner-Chef Schönhuber sowie einige taz -Artikel ausgestellt. Die taz hatte am 22. Februar auf Seite eins Auszüge aus den Satanischen Versen im Wortlaut abgedruckt, nachdem einige Tage vorher Rushdies „Bedauern“ über das „Leiden“, das sein Buch „gläubigen Anhängern des Islam“ gebracht habe, Aufmacher war. Der Versuch einer inhaltlichen Diskussion über das Buch oder aber auch über das Wie und Woher verletzter religiöser Gefühle scheiterte. Die beiden Männer, nach Vermutung des Ladenbetreibers Iraner mit sehr guten Deutschkenntnissen, insistierten, das Schaufenster müsse umdekoriert werden. Schließlich verließen sie die Buchhandlung. Gestern morgen tauchte ein etwa 20jähriger Iraner auf, der das gleiche Anliegen hatte. Zwischenzeitlich war die Auslage jedoch geändert worden, was im wöchentlichen Turnus geschieht. Der junge Besucher registrierte den Wandel offensichtlich befriedigt und drohte, es werde „etwas passieren“, wenn eine deutsche Übersetzung der Satanischen Verse verkauft werde oder wenn er nochmals die besagten Ausgaben der taz im Fenster sehen würde.

„In die Auslage würden wir es nicht legen“, „Auch nicht unbedingt neben die Kasse“, „Provokation wäre Blödsinn“, so die einhellige Antwort Berliner Buchhändler, wenn die Frage nach Salman Rushdies Satanischen Versen gestellt wird. Kneifen möchte keiner, die englischsprachige Ausgabe wird demnach auch in fast allen Buchläden mit entsprechender Abteilung zu haben sein. Zumal das Kundeninteresse groß ist. 50 bis 60 Bestellungen liegen durchschnittlich vor, obwohl nur die gebundene Ausgabe erhältlich ist, die etwa 60 Mark kosten wird. Konzepte, wie mit möglichen Drohungen moslemischer Fundamentalisten umzugehen ist, gibt es noch keine.

NOK

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