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Drohende Griechenland-PleiteEuropas Milliarden-Risiko

Die Gefahr einer Griechenland-Pleite wächst. Das käme Deutschland und Europa teuer zu stehen. Allein Deutschland könnte das rund 65 Milliarden Euro kosten.

Erinnerung an die Drachme: Sie wurde erst 2002 gegen den Euro eingetauscht. Bild: dapd

BRÜSSEL taz | Das Risiko steigt, dass Griechenland den Euro verliert. Sollte auch nach den Neuwahlen im Juni keine stabile Regierung entstehen, die das Sparpaket von EU und IWF umsetzt, besteht die Gefahr, dass Europa von seinen Zusagen abrückt. Das aber wäre die Pleite des Landes – und gleichbedeutend mit einer erzwungenen Währungsreform.

Noch allerdings ist es nicht so weit. Berichte über einen angeblich bevorstehenden Austritt aus der Währungsgemeinschaft hat Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker am Dienstag als „Unsinn“ und „Propaganda“ bezeichnet.

„Ich mag die Art derer nicht, die Tag um Tag drohen“, betonte Juncker. „Wir haben den Griechen keine Lektionen zu erteilen.“

Indirekt kritisierte er damit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Außenminister Guido Westerwelle (FDP). Beide hatten in den letzten Tagen immer wieder den Austritt gefordert, wenn Griechenland nicht alle Sparauflagen umsetzen sollte. Der Abgang sei verkraftbar, hieß es in Berlin.

Ganz anders die Einschätzung in Brüssel. Juncker und die meisten seiner 16 Kollegen in der Eurogruppe fürchten, dass ein Rauswurf aus der Währungsunion eine gefährliche Kettenreaktion auslösen würde.

Zwar droht kein Zusammenbruch des Finanzsystems mehr, da die Banken seit dem Schuldenschnitt vom Frühjahr die meisten Risiken abgestoßen haben. Doch wie die letzten Tage gezeigt haben, würden die anderen Krisenländer wie Portugal, Spanien oder Italien leiden.

Kostspieliges Unterfangen

Allein wegen der Spekulationen über einen Abgang Griechenlands sind die Risikoaufschläge für italienische und spanische Staatsanleihen auf neue Höchstwerte geklettert.

Auch für Deutschland wäre ein Austritt ein kostspieliges Unterfangen. Dem Spiegel zufolge müsste die Bundesrepublik damit rechnen, bei einem kompletten griechischen Zahlungsausfall mit rund 65 Milliarden Euro zu haften. Für die gesamte Eurozone beläuft sich das Risiko sogar je nach Schätzung auf 125 bis 157 Milliarden Euro.

Die größten Sorgen müssten sich jedoch die Griechen selbst machen. Der Ausstieg aus dem Euro und die Wiedereinführung der Drachme würden Griechenland zwar mittelfristig wieder wettbewerbsfähig machen. Zunächst aber würde er die Importe verteuern. Außerdem besteht die Gefahr einer massiven Kapitalflucht, was zum Zusammenbruch der Banken und zur Lähmung der Wirtschaft führen könnte.

Wer bekommt den Schwarzen Peter?

Aus Athen dürfte der Euro-Abschied denn auch nicht kommen. Der wäre wohl am ehesten dann zu erwarten, wenn Deutschland und die anderen Gläubiger die Hilfszahlungen einstellen und Griechenland pleitegehen lassen, weil Athen die vereinbarten Sparmaßnahmen nicht mehr umsetzt.

Er wäre also eine Strafmaßnahme, keine „freie Entscheidung der Griechen“, wie Westerwelle suggeriert.

Der Schwarze Peter läge dann aber in Berlin und Brüssel – und nicht so sehr in Athen. Und die Rechnung dürften wohl auch dann Deutsche und andere Europäer zahlen. Denn Griechenland wäre weiter Mitglied der EU und hätte Anspruch auf EU-Mittel.

Nach einem Spiegel-Bericht bereitet sich das Bundesfinanzministerium bereits auf weitere Milliardenzahlungen vor – wohlgemerkt für die Zeit nach dem Rausschmiss.

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6 Kommentare

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  • I
    Ich

    Zu Walter Drews: Genau richtig beschrieben. Zu 100% deiner Meinung.

  • T
    thomek

    Das viele Schelten über "die Griechen" ist doch wenig zielführend. Man muss doch glasklar sehen, dass die griechische Bevölkerung überhaupt nicht in der Lage ist, diesen (ihnen von ihren Politikern) eingebrockte Schuldenlast zu tragen. So richtig der Wert der 812 € auch sein mag, es ist ein Durchschnittswert pro Nase, und das heisst, dass eine 4köpfige Familie ca 3200€ bezahlen müsste. Das ist ein Brocken.

     

    Viel grösser ist der Brocken, den eine griechische Familie schultern müsste. Überschlägt man nämlich deren Zahlen, dann müsste jeder Grieche ca. 250 € pro Monat bezahlen, eine 4 köpfige Familie also pro Monat zusätzlich 1000€ Steuern bezahlen. Das ist der pure Wahnsinn und nicht möglich. Griechenland gerät in die Situation des deutschen Reiches nach dem verlorenen 1ten Weltkrieg, als die Raparationszahlungen das Land arm und wirtschaftlich fertig machten.

     

    Griechenland, oder besser die griechische Bevölkerung, benötigt eine geordnete Insolvenz wie sie zB in Deutschland jedem Privatschuldner zusteht. Alles andere erhöht den Schuldenstand ins Unermessliche. Seit mehreren Jahren sagen dies auch die Fachleute, und nur Trottel weigern sich in eigentlich zynischer Weise, die Situation angemessen zu sehen.

     

    Es gibt da ein sehr schönes Sprichwort:

     

    Wozu braucht ihr Licht, wenn ihr nicht sehen wollt?

  • C
    Christoph

    65 Milliarden Euro als Risiko für den deutschen Steuerzahler. Das ist (statistisch) bezogen auf meine 4-köpfige Familie etwa 3.200 Euro.

    Da ist etwas Oberfaul.

    Jahrelang hat sich eine griechische Elite mithilfe von Vetternwirtschaft & Korruption bereichert und (nicht vorhandenes) Geld beiseite geschafft; auf Konten in die Schweiz, in Form von Immobilien in London und sonstwo.

    Dieselbe Elite hat (relativ kleine) Geschenke an die eigene Bevölkerung verteilt um die Machtstukturen im Lande noch so aufrecht zu erhalten, dass man noch etwas länger Geld pumpen kann.

    Das Ganze ist eine riesige Geld- Pumpmaschine.

    Man hat Geld - was nicht da war - zum persönlichen Nutzen beiseite geschafft (abgepumpt) und auf der anderen Seite en großes Loch hinterlassen (in Form von Schulden).

    An diesen Schulden hat auch noch jemand Geld verdient, in Form von Zinsen: Die Banken.

    Und jetzt soll die Bevölkerung der EU; der Steuerzahler der sich nicht wehren kann (also wir alle 99,5% der nicht "superreichen" Bevölkerung); wir alle sollen jetzt also dieses Loch wieder auffüllen mit "flüssigem" (also mit unserem erarbeitetem Geld) - nur damit andere Ihr ergaunertes Geld behalten können.

    Ich habe 'mal gehört/gelesen, dass das Privatvermögen griechischer Staatsangehöriger auf schweizer Konten ausreicht um die griechischen Staatsschulden abzulösen.

    Ein Großteil dieser "Privatvermögen" wurde aber erst Mithilfe von Korruption und Vetternwirtschaft - also unrechtmäßig angehäuft.

    Mit ein wenig gesundem Menschenverstand müsste die EU dafür sorgen dass die unrechtmäßig angehäuften Privatvermögen enteignet werden (um das Loch zu füllen) und dass Strukturen geschaffen werden, die eine Fortsetzung der Korruption & Vetternwirtschaft in Zukunft nicht zulassen.

    Geht aber nicht, da Griechenland formell noch "Souverän" ist (obwohl mittlerweile de Facto die internationalen Banken regieren).

    Es ist aber nicht einzusehen, dass ich (über meine Steuern) für rund 3.500,- Euro Schulden zuzüglich der in zukunft anfallenden Zinsen dazu beitragen muss, ein Loch zu füllen welches andere leer gepumpt haben.

    Das widerspricht dem Verursacherprinzip und jedem gesunden Menschenverstand.

  • BG
    Bernd Goldammer

    Schon vergessen wer in Europa regiert und bisher Griechenland? Die haben das griechische Chaos organisiert? Diese Verantwortlichen gehören in den Knast.

  • UM
    Ulli Müller

    Leute. bisschen mehr vRealität,

    die Griechen haben Schulden gemacht! Doch alles was in den letzten jahren danach kam, das jetzige desater, dafür stehen Merkozy! Hand in Hand mit den Rankingverbrechern haben sie die Griechen in den Bankrott getrieben.

    Und da auch wir, BRD, bisher nur durch die Schulden der Greichen profitiert haben, haben wir alle fleißig mitgemacht.

    Schreibt doch bitte Mal die beiden zahlen

    aufgenommenen Schulden

    zurück zu zahlende Schulden gegenüber,

    dann wissen mehr, wohim das viele Geld mal wieder fließt.

    Es fing unter Schröder an, das den Banken in diesem land die Milliarden so in den A.... geschoben werden.

  • WD
    Walter Drews

    Ich zahle meinen Anteil an den 65.000.000.000 sofort und gerne! Pro Kopf macht das 812 € wenn ich richtig rechne.

    Denn damit ist endlich Schluß mit den nervenden Griechen. Die anderen Schuldenländer werden sich GR als Warnung betrachten können und sicher nicht GR in den Untergang folgen wollen.

    Ich werde ganz sicher nicht für Lebensmittelhilfen spenden wenn die unteren 40% der Griechen hungern. Die sollen erst mal ihre Milliardäre enteignen und die Landwirtschaft wieder auf Selbstversorgung umstellen.

    Ich wünsche viel Erfolg.

    Ich glaube aber nicht dran das GR nach 2000 Jahren wieder auf eigenen Füssen stehen kann.