Drogenbericht 2009: Kiffen und saufen uncool
Der Konsum von Alkohol und Haschisch geht bei Jugendlichen zurück. Die Zahl der Notaufnahmen wegen Trunkenheit sind aber gestiegen.
Berichte über volltrunkene Jugendliche in Rettungsstellen gehören heute zum Alltag - die Kurven zu Alkohol- und Haschischkonsum weisen jedoch nach unten. Dies ergibt sich aus dem am Montag vorgestellten Drogen- und Suchtbericht 2009. Die "Konsumzahlen bei Alkohol, Tabak, Cannabis und Ecstasy sind gesenkt worden", sagte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Sabine Bätzing.
Laut Drogenbericht tranken von den 12- bis 17-Jährigen im Jahre 2008 nur noch gut 17 Prozent mindestens einmal wöchentlich Alkohol, ein Jahr zuvor waren dies noch knapp 22 Prozent gewesen. Jeder Fünfte der befragten Teenager gab an, in den vergangenen 30 Tagen mindestens einmal mehr als fünf Gläser hintereinander an alkoholischen Getränken konsumiert zu haben. Der Anteil dieser "Binge-Trinker" läge damit "immer noch auf hohem Niveau", meinte Bätzing. Im Jahr 2007 hatte sogar ein Viertel der Teenager angegeben, sich mindestens einmal im Monat exzessiv zu betrinken.
Ob die rückläufigen Trends anhalten, ist allerdings nicht ausgemacht. So war der Anteil der "Binge-Trinker" im Jahre 2005 schon einmal gesunken, dann aber wieder angestiegen. Das Gleiche gilt für den gewöhnlichen Alkoholkonsum von Teenagern. Auch sind mehr als 23.000 Kinder und Jugendliche im Jahr 2007 aufgrund einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus behandelt worden, das war die höchste Zahl seit der Ersterhebung im Jahr 2000.
Langfristiger als beim Alkohol lässt sich der Rückgang bei anderen Drogen feststellen. So geben nur noch gut zwei Prozent der 12- bis 25-Jährigen an, regelmäßig zu kiffen. Im Jahre 1993 waren dies noch 4,4 Prozent gewesen. Studien wiesen daraufhin, dass in Deutschland der Konsum von Amphetaminen, Ecstasy, Kokain und Opiaten "stabil ist oder leicht abgenommen hat", sagte Bätzing. Dass die Zahl der Drogentoten gestiegen ist, führte Bätzing darauf zurück, dass es sich dabei oft um ältere Personen handele, deren Körper "schon geschwächt war".
Am deutlichsten ist der Rückgang bei den jungen RaucherInnen, und zwar nicht erst, seit nur noch Volljährige Zigaretten aus dem Automaten ziehen können. Der Anteil der RaucherInnen zwischen 12 und 17 Jahren halbierte sich nahezu seit dem Jahre 2001 und liegt heute bei 15 Prozent. Sogar das Rauchen von Wasserpfeifen ist schon wieder leicht rückläufig, ergeben die Daten aus dem Bericht.
"Die rückläufigen Trends beim Tabak- und Alkoholkonsum bei Kindern und Jugendlichen sind wichtige Erfolge der Drogen- und Suchtpolitik der vergangenen Jahre", erklärte Bätzing. Experten sind allerdings vorsichtig, die Entwicklungen des Drogenkonsums von Jugendlichen vorschnell zu interpretieren. "Es gibt mehr als 50 Theorien zur Frage, warum Jugendliche trinken", sagte Karina Weichold, Entwicklungspsychologin der Universität Jena, im Gespräch mit der taz. Der Drogenkonsum junger Leute werde in der Medienberichterstattung oft verzerrt und negativiert dargestellt, indem vor allem über die Extreme wie exzessives Trinken berichtet werde, warnte Weichold.
Ein Einflussfaktor beim Substanzgebrauch könnte etwa ein "Imagewandel" des Konsumentenbildes sein. So sei das Bild des Rauchers heute eindeutig negativer besetzt. Der Konsum von Drogen wie Ecstasy sei zudem an bestimmte Jugendkulturen wie Techno oder die Rave-Zeit geknüpft. Wenn diese Szenen an Einfluss verlieren, gehe auch der entsprechende Substanzgebrauch zurück, erklärte Weichold.
Zur Frage, ob Computerspiele und Internetsurfen heute bei den Jugendlichen an die Stelle von Haschisch und Alkohol treten, gebe es noch keine Studien, meinte Weichold. Der Drogenbericht widmet der "Computerspiel- und Internetsucht" erstmals ein Kapitel. Danach gelten drei bis sieben Prozent der Internetnutzer als "süchtig", weil sie im Extremfall 10 bis 18 Stunden pro Tag am Computer mit Onlinespielen und Chats verbringen. Ebenso hoch sei der Prozentsatz der "stark Suchtgefährdeten", heißt es im Bericht. Eine Prävention müsste die "Medienkompetenz" der Jugendlichen stärken, so dass sie ihre "Balance finden zwischen dem Virtuellen und der Realität", sagte Bätzing. Die Jahrestagung der Drogenbeauftragten im Juli soll sich mit der Internetsucht beschäftigen.
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