: „Dreiste Politiker“
■ Verweis für Polizisten wegen Politiker-Kritik
Ein Polizist hat wegen eines kritischen Briefes an Niedersachsens Landtagspräsident Horst Milde (SPD) zur Diätenerhöhung für die Abgeordneten einen Verweis erhalten. Milde gab das Schreiben zur Prüfung dienstrechtlicher Schritte gegen den Beamten an das Innenministerium weiter. Die Polizeidirektion Hannover verpaßte ihm schließlich den Verweis wegen der „ehrverletzenden Wirkung“ seiner Formulierungen. Der Vorgang hatte sich bereits vor Monaten ereignet und wurde jetzt von der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ berichtet und vom Innenministerium bestätigt. Milde war ebenso wie die SPD bis zum Sonntag mittag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
FDP-Chef Stefan Diekwisch bezeichnete Mildes Vorgehen am Sonntag als „Mordsschweinerei“. Niemand verstehe es, wenn der hannoversche Regierungspräsident Hans-Albert Lennartz (Grüne) trotz umstrittener Vorgehensweisen keine Eintragung in seine Personalakte bekomme, ein Polizeibeamter wegen einer simplen Meinungsäußerung aber mit diesen Folgen zu rechnen habe. CDU-Fraktionssprecher Michael Rauscher meinte, das Verhalten Mildes sei „in hohem Maße überraschend“. Derartige Kritik wie die des Polizisten „muß der Staat aushalten können“. Es sei „bedrückend, erleben zu müssen, wie sich Lennartz unter dem Druck der Grünen im Amt halten könne“, kleine Beamte, die ihre Meinung sagten, aber bestraft würden. Die Grünen-Fraktionschefin Thea Dückert meinte zu Mildes Vorgehensweise, es sei „ziemlich schwierig, wenn die Leute so etwas machen.“ Der Bürger müsse seine Meinung äußern dürfen.
Der Verweis könne nach den gültigen Rechtsvorschriften erst nach drei Jahren aus den Personalakten getilgt werden. Zunächst sei gegen den Polizisten, der die Politiker wegen der Diätenerhöhung als „dreist und kaltschnäuzig“ kritisiert hatte, sogar ein Disziplinarverfahren eröffnet worden, weil er das „Ansehen des Beamtentums“ geschädigt habe. Das Verfahren wurde eingestellt, der Verweis blieb jedoch bei den Akten. dpa
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