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■ Drei Italiener über die D-Mark-Hegemonie in EuropaRückkehr Preußens

Ein Gespenst geht um in Europa. Tatsächlich gibt es ein Gespenst der deutschen Vergangenheit und eines seiner Gegenwart. Das bestimmt unvermeidlich die gesamte Konstruktion Europas, weil man heute nirgendwo Innenpolitik außerhalb des europäischen Rahmens betreiben kann. Doch man muß das Problem auch innerhalb Deutschlands betrachten. Grob eingeteilt, gibt es ein südwestliches Deutschland, das zum großen Teil vor zweitausend Jahren romanisiert wurde, das in der Neuzeit Paris oder Wien als Bezugspunkt hatte und das ein starkes Gefühl von „Heimat“ entwickelt hat. Der andere Teil ist jener, der der Romanisierung widerstanden hat.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Westdeutschland, dessen östlicher Teil dann dem Ostblock angehörte, von Kanzler Adenauer stark im Sinne der südwestlichen, katholischen Kultur geführt. Mit der Vereinigung kehrt nun Preußen nach Deutschland und Europa zurück. Und viele deutsche Firmen engagieren sich nun im offenen Raum des Ostens, wo sich die Deutschen mit allerlei anderen Völkern vermischt haben.

Bundeskanzler Kohl aber möchte Deutschland in den Westen einbinden, bevor eine Zukunft entstehen kann, die das Land nach Osten treibt. Viel Zeit hat er nicht mehr dazu, das preußische Element in der deutschen Kultur wird sich bald fühlbar machen. Das ist nicht schon automatisch von Übel. Der preußische Geist ist nicht identisch mit dem Nationalismus, und die neue Rechte, die sich in Deutschland organisiert, bezieht sich mehr aufs Zweite als aufs Dritte Reich.

Das politische Zentrum Deutschlands kann und will diese Rechte einbinden. Doch um dieses Ziel sicher zu erreichen, muß es einen europäischen Bezugsrahmen definieren, der garantiert, daß sich die unvermeidliche Bewegung Deutschlands in Richtung Osten in einem pluralistischen Rahmen und ohne Revanchismus und Nationalismus vollzieht. Rocco Buttiglione

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