: Drastischer Anstieg der Jugendkriminalität
West-Berlin. Die Jugendkriminalität in West-Berlin ist im ersten Halbjahr dieses Jahres drastisch gestiegen. In den ersten sieben Monaten 1990 wurden 28.600 Tatverdächtige ermittelt, im Vorjahr waren es nach Angaben des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) 11.200. Für die Zunahme von über 150 Prozent machte der BDK vor allem Jugendbanden verantwortlich, die durchaus auch „Straßenraub“ begingen. Die Zahl der ausländischen Tatverdächtigen sei um 8.000 (plus 210 Prozent) gestiegen. In einer Mitteilung forderte der BDK gestern den Senat auf, „umgehend“ Maßnahmen zu ergreifen. Der Anstieg sei Folge der „ausbleibenden Reaktionen in der Justiz, mangelhafter Jugendarbeit und politischer Gesundbeterei“. Der Verband kritisierte das Vorgehen der Staatsanwaltschaft. Dort würden Verfahren „in ganzen Deliktsbereichen bis hin zu gefährlicher Körperverletzung, Erpressung oder Einbruch zunächst für sechs Monate 'auf Eis gelegt'“. Justizpressesprecher Achhammer nannte die Zahlen in etwa zutreffend. Die Kriminalitätsrate sei allerdings „typisch für Metropolen“. „Die steigende Attraktivität der Stadt zieht auch mehr zwielichtige Gestalten an.“ Er bestritt, daß das Anwachsen damit zusammenhänge, daß in West-Berlin Delikte anders verfolgt würden als in anderen Städten. Der Sprecher des Innensenators, Thronicker, wies die Vorwürfe des BDK zurück. Der Anstieg sei vor allem auf Ladendiebstähle zurückzuführen. Zudem handele es sich bei den jugendlichen Tatverdächtigen vor allem um „Ersttäter“, deren Fehlverhalten oft Episode bleibe. Der BDK male - „total überzogen“ - nicht vorhandene Gefahren an die Wand.
BÜROKRATIE
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen