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■ Drakologen: Methangasbomben auf unseren WeidenDem Feuerstoß auf der Spur

Drachen, so lehren die Mythen- und Märchenforscher, sind universelle Gestalten der menschlichen Folklore: multikulturelle Monster, die als Widersacher diverser Heroen herhalten mußten. Die Bibel läßt im Buch Hiob einen feuerspeienden Leviathan auftreten; Gift, Rauch, Dampf und Feuer sind laut christlicher „Drakologie“ auch Attribute des Teufels. Lediglich in Ostasien und in progressiven Kinderbüchern darf diese Mischung aus Dinosaurier, Schlange, Raubvogel und Krokodil auch freundlichere Rollen spielen.

Ob gut oder böse – solch phantastische Monster haben nicht nur Volksphantasie und Märchenerzähler animiert, sondern auch Naturforscher interessiert. Bis ins 20. Jahrhundert nahmen sie an, die Drachengeschichten beruhten auf vorwissenschaftlichen Erklärungen der Lebensweise längst ausgestorbener Tierarten. Professor Rudolf Thauer, Biowissenschaftler und Direktor des neugegründeten Max-Planck-Instituts für Terrestrische Mikrobiologie in Marburg, hat die alte Debatte nun wiederbelebt – und zwar gerade hinsichtlich der phantastischsten Eigenschaft der Drachen: dem Feuerspeien. Thauer erforscht die sogenannten Archaebakterien, die unter luftarmen, feuchten Bedingungen für die Entstehung des Gases Methan sorgen, unter anderem auch in den Mägen von Wiederkäuern. Bei Kühen verursachen sie eine tägliche Methangasproduktion von immerhin 300 Litern. Was lag für den mit Kinderbüchern und Dinowelle vertrauten Vater näher, als sich vorzustellen, für wieviel mehr Methangas die Archaebakterien wohl im Magen von so riesigen pflanzenfressenden Wiederkäuern wie Dinsosauriern gesorgt haben müssen?

Auch für die Entzündung der Gasschwaden präsentiert Thauer eine plausible Erklärung: Pflanzenfresser unterstützen ihr Kauwerk häufig durch Steine. Warum sollte ein Saurier bei der Aufnahme von solchen Mahlsteinen nicht auch mal ein paar Feuersteine ins Maul bekommen haben? Ein heftiger Zusammenstoß nebst Methanrülpser – und schon lodert die Flamme aus dem Maul.

Es fragt sich jedoch, wie Menschen das zur Märchenbildung in ihr Kollektivgedächtnis aufnehmen konnten, da sie doch erst Millionen Jahre nach dem Aussterben der Saurier den aufrechten Gang probten. Thauer gibt zu, daß es auch „rezentere große Wiederkäuer“ als Saurier gewesen sein könnten, die Feuerstöße von sich gaben. Außerdem, so der Leibniz- Preisträger, sei das zumindest eine gute Methode, durch die „Verbindung wissenschaftlicher Probleme mit einer interessanten Story“ die Wachphase der zuhörenden StudentInnen zu verlängern. Und die Drakologen-Zunft hat für die nächsten Jahre endlich wieder heißen Diskussionsstoff. Richard Laufner

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