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■ Dr. kuech. psych. Seeger über Prominente und Alkohol„Juhnke auf den Küchenstuhl!“

„Die Münchner ,Abendzeitung‘ nennt mich ein Genie“, freute sich Harald Juhnke noch gestern im taz-Interview. Auch die Berliner „Bild“-Zeitung meint es gut mit dem Entertainer: Sie läßt die Hauptstadtbevölkerung seit Tagen über Harald Juhnkes Alkoholkonsum debattieren. Außerdem haben sich dank ihrer Initiative diverse Gastwirte bereit erklärt, Harald Juhnke weder Schnaps noch Bier auszuschenken, so er ihre Gaststätte betreten sollte. Und dann ist da natürlich noch ein Experte – der Suchttherapeut Ulrich Liedholz vom Blauen Kreuz. „Richtig wäre es, ihn gar nicht mehr zu beschäftigen“, fordert der. Geht das weit genug? Wir fragten die Diplompsychologin Dr. Alexandra Seeger.

taz: Sie kennen die Anstrengungen der Berliner, Harald Juhnke Gutes zu tun. Geht denn das weit genug?

Dr. Seeger: Natürlich nicht. Hier ist die Familie gefordert. Sie tut dem Mann keinen Gefallen, wenn sie ihn unbeaufsichtigt spazierengehen läßt.

Was raten Sie?

Die Leute haben doch Geld. Die können sich locker eine 24-Stunden-Überwachung leisten, durchgeführt von ausgebildeten Fachkräften.

Sie meinen eine Art Babysitter?

Ich sagte: ausgebildete Fachkräfte. Männer, die Halte- und Schlagtechniken beherrschen.

Halte- und Schlag...?

Jawohl. Unbarmherzige, fleh- und bettelresistente Zweimeterkerle. Unbestechlich, mit herrlich breiten Schultern und ...

Ähm. Ihr Kollege Liedholz schlägt den Veranstaltern ein Auftrittsverbot für Harald Juhnke vor. Und die Fans sollten seine Konzerte oder Theaterstücke nicht mehr besuchen.

Das halte ich für keine gute Idee. Ein veritabler Hausarrest wäre viel besser.

Es hieß auch, die Fans sollten Briefe schreiben, wie enttäuscht sie von ihrem Star seien.

Hausarrest. Der Mann gehört an einen Küchenstuhl festgebunden. Mit Klebeband. Und der Stuhl muß festgeschraubt werden. Am besten auf dem Dachboden. Jedenfalls nicht vor einem Fernseher.

Verzeihung, aber wo bleibt hier das Gute?

Aber das ist doch das Gute. Sie begreifen überhaupt nichts, genau wie diese Gastwirte. „Bierverbot für Juhnke“ – so ein Blödsinn. Wenn Juhnke ein Lokal betritt, muß eine Alarmanlage losgehen, und die Wirte müssen ihn mit Kronkorken bewerfen. Ach was: mit Bierfässern. Da können dann auch die Gäste mitmachen.

Sie meinen also auch, jeder sei jetzt gefordert?

Sicher. Selbst Sie können etwas tun.

Was denn?

Sie können zum Beispiel die Verpflichtungserklärung der Medien unterschreiben: Keine gute Kritik, bis Juhnke trocken ist. Jeder Schwips ein Verriß. Klare Worte nur bei Klarheit. Was sagen denn eigentlich die Taxifahrer?

Bitte?

Hat die Bild-Zeitung schon die Berliner Taxifahrer mobil gemacht?

Ich glaube nicht. Oder doch?

Ist ja auch nur eine Anregung.

Ich finde, das geht alles ein bißchen weit.

Unsinn. Ich rede ja nicht von einem Boykott. Die Taxifahrer sollen Juhnke natürlich mitnehmen. Nur absetzen müßten sie ihn nicht da, wo er hinwill, sondern am anderen Ende der Stadt.

Aber Juhnke hat doch Hausarrest. Auf einem Küchenstuhl.

Der Stuhl kommt selbstverständlich mit.

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