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Doppelter Beruf Neonazi

■ Bela Ewald Althans soll bis 1994 für den bayerischen Verfassungsschutz gearbeitet haben

Hamburg/München (AP/dpa) – Neonazi Bela Ewald Althans soll als V-Mann für den bayerischen Verfassungsschutz gearbeitet haben. Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins Der Spiegel lieferte der 29jährige Münchner, der in Berlin wegen Volksverhetzung und Verbreitung von NS-Propaganda vor Gericht steht, ausführliche Informationen über die deutsche Neonazi-Szene und ihre internationalen Beziehungen insbesondere nach Nordamerika und nach Rußland. Althans habe wegen seiner guten Verbindungen und seiner Mitteilsamkeit als Spitzenquelle gegolten, berichtet der Spiegel weiter. Wegen „mangelnder Nachrichtenehrlichkeit“ des Münchner Rechtsextremen sei die Zusammenarbeit 1994 beendet worden.

Der Präsident des bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz, Gerhard Forster, wollte zu dem Fall am Wochenende keine Auskunft geben. Allerdings erklärte er gegenüber der dpa, daß er den Bericht auch nicht dementiere.

Althans war Anfang der 80er Jahre zu der von Michael Kühnen angeführten Aktionsfront Nationaler Sozialisten gestoßen, die 1983 verboten wurde. Nach Kühnens Tod 1991 wurde Althans selbst zu einem der bekanntesten Neonazi-Aktivisten. Seit November 1994 sitzt er im Untersuchungsgefängnis Berlin-Moabit. Die Berliner Staatsanwaltschaft wirft ihm vor allem seine Aussagen in dem Dokumentarfilm „Beruf Neonazi“ vor. Zu Beginn seines Verfahrens vor dem Berliner Landgericht am Donnerstag hatte Althans behauptet, er sei kein Neonazi mehr. Bereits im Dezember 1994 hatte ihn das Landgericht München wegen Volksverhetzung zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt.

Der scheidende Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Eckart Werthebach, warnte am Wochenende davor, die Gefahren des Rechtsextremismus zu unterschätzen. Er erklärte, trotz eines deutlichen Rückgangs sei die Zahl der rechtsextremistischen Straf- und Gewalttaten immer noch um ein Mehrfaches höher als in früheren Jahren.

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