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Dopingprozess gegen RadprofiFleischliche Genüsse

Der spanische Spitzenradler Alberto Contador muss sich vor dem internationalen Sportgerichtshof Cas verantworten. Die Frage ist, ob er mit Clenbuterol betrogen hat oder nicht.

Ehrenmann oder Lügner? Der Profiradler Alberto Contador muss sich den Dopingvorwürfen stellen. Bild: reuters

Heute Vormittag beginnt die große Show. Am internationalen Sportgerichtshof Cas in Lausanne wird das Verfahren gegen Alberto Contador eröffnet. Drei Cas-Richter, darunter der Deutsche Ulrich Haas, sollen in der auf vier Tage angesetzten Verhandlung klären, ob der dreifache Tour-de France-Sieger Alberto Contador gedopt hat.

Damit neigt sich die lange Wartezeit seit der ersten positiven Probe im Juli 2010 dem Ende zu. Ein Urteil ist laut Auskunft des Cas-Sprechers Mathieu Reeb "nicht vor Weihnachten" zu erwarten.

Yannick Noahs Attacke

Weil mit Contador der derzeit weltbeste Rundfahrer angeklagt ist, kommt dem Votum der drei Richter enorme Bedeutung zu. Wird der Spanier schuldig gesprochen, zieht dies neue Imageverluste für den Radsport nach sich. Bei einem Freispruch stehen die Antidopingfahnder der internationalen Antidopingagentur Wada und des Radsportverbandes UCI wie Stümper da. Das sorgt für Aufregung.

Öl ins Feuer goss am Wochenende Yannick Noah. In der Tageszeitung Le Monde unterstellte der frühere Tennisprofi den spanischen Sporthelden, die derzeit im Fußball, im Tennis und im Radsport dominieren, recht unverhohlen Doping: "Ohne Zaubertrank kann man nur schwer gewinnen. Man hat den Eindruck, dass sie wie Obelix in den Zaubertrank gefallen sind", verglich er die spanischen Sportler mit den gallischen Comic-Helden.

Der Franzose wurde südlich der Pyrenäen umgehend als "Ignorant" beschimpft, der "die Basis des spanischen Sportbooms nicht versteht". Die spanische Sportzeitung As zitierte den obersten Sportrat des Landes: "In Spanien wird nicht mehr und nicht weniger gedopt als in anderen Ländern."

Nicht mehr und nicht weniger - das klingt plausibel. Contador möchte allerdings weismachen, dass er weniger gedopt hat als andere: nämlich gar nicht. Zu diesem Zweck gehört seinem Verteidigungsteam auch ein Lügendetektorexperte an.

Louis Rovner, der seine Praxis ausgerechnet im Herzen der Filmindustrie von Hollywood betreibt, könnte die letzte Waffe sein, wenn es den anderen Experten nicht gelingt, Contadors Clenbuterol-Werte zu erklären und das Vorkommen von Plastikweichmachern in seinem Blut als nicht Doping-relevant hinzustellen.

Kontaminiertes Fleisch

Dies sind die eigentlichen Anklagepunkte. Bei insgesamt vier Dopingproben bei der Tour de France 2010 wurde das Mittel zum Muskelwachstum nachgewiesen. Die im Wada-Code vorgesehene Sanktionierung auch bei kleinsten Mengen will Contador mit dem Hinweis auf kontaminiertes Fleisch umgehen.

Die Beweisführung fällt ihm aber schwer. Seit zehn Jahren ist kein Fall von Lebensmittelverunreinigungen durch Clenbuterol in Spanien bekannt geworden. Zwei Entlastungszeugen, ein Teamkamerad von Contador sowie ein Experte der Guardia Civil, wurden letzte Woche laut spanischen Medien wieder zurückgezogen.

In Sachen Weichmacher sieht Contadors Blatt besser aus. Denn hier muss ihm die Gegenseite beweisen, dass die Weichmacher in seinem Blut tatsächlich von Blutbeuteln stammen. Die Wada strich jedoch ausgerechnet die Finanzierung zur Weiterentwicklung dieses Test. Das ist nicht gerade ein Vertrauensbeweis.

Zudem hat Contadors Verteidigung einen Wissenschaftler der Ruhr-Uni Bochum engagiert, der seit Jahren zur Verbreitung dieser Weichmacher in Lebensmitteln forscht. Ganz sicher scheinen sich die Spanier aber nicht zu sein und behalten als Joker den Lügendetektortest im Ärmel.

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1 Kommentar

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  • R
    Ronsen

    "Wird der Spanier schuldig gesprochen, zieht dies neue Imageverluste für den Radsport nach sich."

     

    Is'n das für ne Logik??? Für mich wird umgekehrt ein Schuh draus: wenn Dopingsünder hart bestraft werden, steigt das Image des Radsports wieder. Also zumindest in meinen Augen.