Dominik Baur über Horst Seehofers Taktiererei: Rechte Flanke, nein danke!
Schön, dass sich wenigstens Horst Seehofer „sauwohl“ fühlt, wie er sagt. Die meisten seiner Parteifreunde dürften weniger gut gelaunt sein. Verständlicherweise, denn seit 1949 hat die CSU kein so schlechtes Ergebnis bei einer Bundestagswahl eingefahren. „Wir haben verstanden“, tönt der CSU-Chef nun. Und: Ein „Weiter so!“ dürfe es nicht geben.
Stimmt. Aber Seehofers Argumentationslinie ist schon etwas abstrus. Seine Abkehr vom „Weiter so!“ besteht in erster Linie darin, dass der 68-Jährige unbedingt seine Jobs als Parteichef und bayerischer Ministerpräsident behalten will. Zur Erinnerung: Vor der Bundestagswahl hatte er noch gesagt, bei einer Niederlage dürfe man ihn köpfen. Jetzt, wo manch einer im Söder-Lager auf dieses freundliche Angebot zurückkommen will, reagiert er plötzlich dünnhäutig und eingeschnappt.
Aber auch inhaltlich lautet die Marschroute der CSU in Wirklichkeit: Weiter so! Es bleibt beim „Bayernplan“, einschließlich Obergrenze. Den will Seehofer jetzt in seiner Gänze bei Koalitionsverhandlungen durchsetzen. Demut nach einer Wahlschlappe sieht anders aus.
„Wir haben verstanden“? Nein, die CSU hat nicht verstanden. Seehofer geht weiter auf Konfrontationskurs zu Merkel und Co. „Jetzt erst rechts“ – das kann keine Lösung sein. Was es nun braucht, ist kein Parolenwettbewerb mit der AfD. Für jeden nationalkonservativen Wähler, den die CSU so zurückgewinnen mag, verliert sie einen in der Mitte.
Die Wähler wollen Vertrauen in die CSU. Und zwar nicht das Vertrauen, dass sie wirklich so rechts ist, wie sie tut, sondern das Vertrauen, dass die Partei im Bund an Lösungen arbeitet – und nicht nur Symbolpolitik betreibt. Das nun schon zwei Jahre andauernde Gewese um Obergrenze und Leitkultur vermittelt nicht den Willen dazu. Horst Seehofer sollte sich genau überlegen, ob er derjenige sein will, dessen Kompromisslosigkeit Deutschland in Neuwahlen geführt hat.
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