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Dokusoap über Lehrer auf ZeitHefte raus, die Promis kommen!

Müssen Lehrer wirklich weniger arbeiten als der Rest der Bevölkerung? Das testen "Die Promi-Pauker" Heide Simonis, Manuel Andrack und Gülcan Kamps (Donnerstag, 19.30 Uhr, ZDF Neo).

Lehrer auf Zeit: Heide Simonis, Manuel Andrack und Gülcan Kamps. Bild: zdf/frank w. hempel

Der Titel hört sich übel an: "Die Promi-Pauker". Doch läuft die fünfteilige Dokusoap nicht im Privatfernsehen, sondern beim Spartenkanal ZDF Neo - und der richtet sich ja an ein anspruchsvolles Publikum.

Das bekommt jetzt zu sehen, wie sich die ehemalige schleswig-holsteinische Ministerpräsidentin Heide Simonis, Harald Schmidts früherer Sidekick Manuel Andrack sowie die selbst ernannte "Moderateuse" Gülcan Kamps zwei Wochen lang an einer Gesamtschule in Brühl als Lehrer versuchen und damit einen realistischen Einblick in den Beruf ermöglichen. Gülcan allerdings hat da noch Nachholbedarf: "Das wird vom Feeling her wie eine riesengroße Autogrammstunde." Kaum hat sie die Schule betreten, wollen Jungs ein Foto mit ihr. Die Macher stecken sie in eine 8. Klasse. "Da werden die Hormone in Wallung kommen", prohezeit die Biolehrerin.

Auch die resolute Schulleiterin lässt keinen Zweifel an der Schwierigkeit der Mission aufkommen, will beweisen, dass "wir nicht zu viel Ferien" haben. "Lehrer sehen sich oft dem Vorwurf ausgesetzt, sie hätten einen einfachen Job und müssten viel weniger arbeiten als der Rest der Bevölkerung" sagt Redaktionsleiterin Simone Emmelius.

"Auf humorvolle Weise" will Emmelius dieses Vorurteil korrigieren - ohne den Privaten nachzueifern: "Die kommerziellen Sender setzen bei vergleichbaren Formaten auf Vorführeffekte und Krawall oder arbeiten von Anfang an mit reißerischen Drehbüchern bei der so genannten scripted reality." Und tatsächlich wirkt in der ersten Folge nicht eine Szene gestellt: Die Angst ist echt, wenn die Promis vor ihre Klasse treten, genau wie nachher die Freude darüber, dass die Schüler sie nicht aufgefressen haben.

Manuel Andrack glaubt, dass das Ziel der Authentizität erreicht wurde - trotz des TV-Teams. "Die Kameras waren überhaupt kein Thema für die Schüler", sagt Andrack. "Die haben den Unterricht ernst genommen und sich während der Stunden nicht extra in Szene gesetzt. Wenn ich den Unterricht mal nicht im Griff hatte, sind einige Schüler weggedöst oder haben sich nicht mehr gemeldet - wie das eben so in der Schule ist." Als er in der Kennenlernstunde über Fußball spricht, weil ihm nichts mehr einfällt, gähnen die Mädchen der 5c gelangweilt. Die Botschaft ist klar: Auch Entertainmentprofi Andrack schüttelt keine Schulstunde aus dem Ärmel.

Intensive Vorbereitungen haben zu einer aussagekräftigen Produktion beigetragen: So haben die Promis in der ersten Woche des Projekts ausschließlich ihren Unterricht geplant. "Es war unser Anspruch, nicht Halligalli und Larifari zu veranstalten, sondern den Stoff zu unterrichten, der wirklich anstand - und das am Besten nicht mit Pädagogik aus der Steinzeit", sagt Andrack.

Abschreckender Sendetitel hin oder her: Die Promi-Pauker haben ihren Lehrauftrag ernst genommen - mit Ausnahme von Gülcan Kamps, deren Kennenlernstunde sich der Sender für die zweite Folge aufgehoben hat. "Wenn es Frau Kamps nicht gelingt, sich jetzt zurückzunehmen, dann wird sie hier nicht unterrichten", poltert die Schulleiterin im Teaser.

Manuel Andrack ist auch Wochen nach dem Experiment noch bedient: "Das war für lange Zeit mein letzter Auftritt als Lehrer. Arbeitsblätter kopieren, Folien bemalen, Sachen basteln und so weiter - nee, danke. Da ist mein Beruf definitiv weniger stressig."

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11 Kommentare

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  • R
    robby

    An Oskar:

     

    Du hast etwas Wichtiges vergessen: es ist keinem Lehrer gelungen, dir die deutsche Sprache und die deutsche Rechtschreibung beizubringen.

  • M
    MiniMaus

    Ich habe mir die Sendung angeschaut und muss sagen, dass ich es unverantwortlich finde, dass diese Schulleiterin die wertvolle Unterrichtszeit für Dummschwätzen mit Gülcan verplempern will. Was erwartet sie sich davon? Positive Publicity kann es wohl kaum sein, ich würde meine Kinder nicht in eine Schule schicken, wo man solche Personen auf sie loslässt.

  • P
    Promibewunderer

    Ich finde die Idee des Senders, Promi-Pauker einzusetzen, wirklich bemerkenswert und ausbaufähig. Wenn Leute ohne erkennbare Qualifikation den Job verrichten, für den ich ein Studium und ein Lehrerseminar erfolgreich absolvieren musste, setzt RTL mit der dann anlaufenden Serie 'Die Promi-Herzchirurgen' mit Günter Jauch, Tim Mälzer und Andrea Ypsilanti noch einen drauf, worauf SAT1 mit 'Der Promi-General' kontert und Diether Bohlen als Oberbefehlshaber nach Afghanistan schickt.

     

    Übrigens: ich komme gerade von der zweiten Zeugniskonferenz in dieser Woche nach Hause, darf ich annehmen, dass die Promis in diesen Aspekt unseres Berufs ebenfalls hineinschnuppern dürfen, ebenso wie in Qualitätsüberprüfungen, Individualförderungsevaluationen, Pflegschafts- und Steuergruppensitzungen...? Es wäre zu wünschen.

  • JS
    Jens Schlegel

    Als Lehrer ärgert mich zum einen, dass angenommen wird, jeder könnte einfach so unterrichten. Die "Promis" wurden wohl gut angeleitet, die Rektorin will vielleicht darauf verzichten Frau Kamps unterrichten zu lassen, das klingt gut.

     

    An Oskar, ich weiß deutlich, wie es in der (wenn es "die" überhaupt gibt) Wirtschaft zu geht. Hier habe ich 7 Jahre erfolgreich gearbeitet und bin dann in den Lehrberuf gegangen.

     

    Ein Teil meines Stresses liegt aber in der Bezahlung. Es sind 1200€ Netto, das aber nur für zehn und einen halben Monat, denn zu den Sommerferien bin ich Arbeitslos. Das macht einen Monatslohn (aufs Jahr gerechnet) von 1050€. Darüber wird niemand sprechen in einer solchen Sendung.

     

    3 Jahre Ausbildung, Berufserfahrung, Studium, und ich überlege ob ich wohl Wohngeld bekomme.

     

    Ich habe seit diesem Jahr 270 neue Schüler, 90 neue Kollegen. In zwei Wochen sollen diese Schüler von mir eine Zwischennote erhalten. Und nicht nur was sie objektiv leisten, nein auch ihre Bereitschaft, soziale Verhaltensweisen usw. soll ich erfassen. 360 Namen und Gesichter. Bis heute hatte ich für diese etwa vier Monate zeit. 90 im Monat, 25 in der Woche, 5 am Tag (fünf Tage Woche) Würden das jemand schaffen (ehrlich, ich nicht)

     

    Ob diese Sendung nun ein "Schei..." wird weiß ich nicht, habe sie ja nicht gesehen. Aber es wirkt anders als bei den üblichen Verdächtigen solcher Formate.

     

    Und jeder der denkt, Lehrer hätten so viel Freizeit und Geld, der darf diesen Beruf ja auch lernen. Nicht neidisch sein, selber machen.

     

    (P. S. der Beruf ist der Beste den ich bisher hatte!)

  • W
    wissenswert

    Warum besucht und begleitet man nicht richtige Lehrer? So würde man doch schnell sehen, wieviele Stunden ein Lehrer arbeitet.

    Wenn sogenannte Promis an die Schule kommen, hat das doch gar nichts mit der Realität zu tun:

    Wer sucht die Themen aus, sie oder andere?Wer plant die STunden und auf der Basis welcher didaktischen Hintergründe?Was wird den SchülerInnen gesagt: Projekt? Wenn Projekt, dann ist doch allen klar, dass es sich um etwas besonderes handelt. Plus: EIne Kemera im Klassenzimmer verändert die gesamte Atmopshäre und das Verhalten der SChülerInnen immens. Ist dann auch nicht mehr natürlich.

    Hier geht es doch gar nicht darum, zu schauen, wie viel Arbeit LehrerInnen wirklich haben, hier geht es um ein bescheuertes Konzept für's Fernsehen, das den schlechten Ruf des Lehrers in keinster Weise verbessern will - dabei wäre es endlich mal Zeit, daran etwas zu tun, denn nur motivierte LehrerInnen geben guten Unterricht...

  • BL
    Bald Lehrer...

    Oskar, du hast noch vergessen zu erwähnen, dass Lehrer an ALLEM Schuld sind.

     

    Das fehlt irgendwie noch in deiner Aufzählung.

  • BM
    Bronislav Malinowski

    "Warum nur ? Warum?

    Warum tut uns das Fernshen so einen Schei.. an?"

     

    ...weil Fehrnsehen schon lange ein Medium von Deppen für Deppen ist.

     

    "Ein Grund mehr das Teil auszuschalten und in den Elektroschrott zu geben!"

     

    ...so ist es !!!

  • O
    Oskar

    Lehrer sind Auswendig-Lerner,

    die,

    ihre schlechte Laune an Schülern auslassen,

    ihre Mid-life-Ciris auf Schüler Reflektieren,

    ihr Machtpotenzial oft bei weiten überschreiten,

    Ihr Selbstwertgefühl von der Schule abhängig machen

    und dass aller schlimmste,

    Sie wissen einfach nicht wie das Leben in der Wirtschaft und auf der Straße aussieht.

    Sie haben ihren Lehrplan,

    der wird Konsequent durchgezogen,

    meist ohne rücksicht auf Verluste,

    und was das aller Schlimmste ist,

    Sie sind Politisch und Psychologisch, tot.

    Ja Sager im Sinne des Systems.

    Aber das beste daran:

     

    SIE sind SELBST Schuld!

  • A
    atypixx

    Und sobald ein pubertierender Hauptschüler einen Apel auf Frau Simonis wirft, wird er von ihrem Bodyguard zurechtgewiesen und die Szene rausgeschnitten. Diese Sendung soll ein realistisches Bild von Promis als Lehrern geben?

  • JS
    jack sparrow

    kein wort davon, dass LehrerInnen an Berufsschulen teilweise 27 Klassen parallel unterrichten, kein Wort davon, das LehrerInnen 200 Abiklausuren korrigieren und gegenlesen müssen, ohne es angerechnet zu bekommen. Kein Wort davon, dass es den Schulen an Geld mangelt, LehrerInnen einfach gestresst und überarbeitet sind.

    die ganzen Dummis, die behaupten, LeherInnen hätten sooooo viele Ferien, sind genauso hohl, wie Leute die behaupten, ÄrztInnen hätten es so gut, weil auf die Praxen ja nur 5 bis sechs Stunden am Tag geöffnet seien.

  • R
    roterbaron

    Warum nur ? Warum?

    Warum tut uns das Fernshen so einen Schei.. an?

     

    Ein Grund mehr das Teil auszuschalten und in den Elektroschrott zu geben!