■ Dokumentation: Lauschangriff oder Wahlversprechen
Nach Angaben der FDP haben rund 42 Prozent der etwa 80.300 FDP-Mitglieder über die beiden folgenden Anträge abgestimmt. 63,3 Prozent sprachen sich für den Antrag A aus:
–Antrag A: Die FDP spricht sich dafür aus, bei der Strafverfolgung das Abhören in Wohnungen zuzulassen, um zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität die notwendigen Beweismittel gewinnen zu können (sogenannter „Großer Lauschangriff“).
Das Abhören darf nur unter strenger rechtsstaatlicher Kontrolle und zu im Grundgesetz abgesicherten Bedingungen erfolgen: Voraussetzung ist dringender Verdacht auf einzeln bestimmte, schwerste Straftaten. Es findet ausschließlich statt, wenn andere Beweismittel erschöpft oder untauglich sind. Es kann nur von einer mit drei Strafrichtern besetzten Kammer eines Landgerichts für zwei Wochen angeordnet und danach nur unter denselben Bedingungen jeweils für zwei Wochen verlängert werden. Es gilt ein striktes Verwertungsverbot für Erkenntnisse, die sich auf andere Straftaten beziehen.
Die Betroffenen sind nachträglich zu benachrichtigen und können die Maßnahme gerichtlich auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen lassen. Dem Bundestag ist ein jährlicher Bericht über Art, Umfang und Erfolg von Abhörmaßnahmen vorzulegen; der Datenschutzbeauftragte erhält ein uneingeschränktes Prüfungsrecht.
–Antrag B: Die FDP setzt sich unverändert und mit Nachdruck für eine wirksame Bekämpfung der Kriminalität ein. Das war, ist und bleibt eine elementare Aufgabe des liberalen Rechtsstaates.
Die FDP hält aber auch ebenso unverändert und mit Nachdruck daran fest, daß nicht jedes Mittel recht ist. Der freiheitliche Rechtsstaat darf und kann auf die Gefahren für die innere Sicherheit und den inneren Frieden nicht mit allen Mitteln, besonders nicht mit solchen Mittel reagieren, die ihrerseits die Grundlagen für seine Freiheitlichkeit und Rechtsstaatlichkeit zerstören.
Darum steht die FDP zu ihrer wiederholt von Bundesparteitagen mit großen Mehrheiten beschlossenen Wahlaussage, daß der sogenannte Große Lauschangriff – die heimliche Überwachung des Bürgers in seiner Privatwohnung – unzulässig bleiben soll. Dieser Beschluß ist Teil der Wahlaussage, die für diese Legislaturperiode ein Wahlversprechen darstellt.
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