Dokumentation: „Keine Partei im Sinne des Grundgesetzes“
■ Auszüge aus dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 17. 11. 1994 zur FAP
Weil die FAP keine Partei ist, hat der 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts die Anträge der Bundesregierung und des Bundesrates auf ein FAP-Parteienverbot zurückgewiesen. Eine Partei müsse ihre Absicht, „an der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken, ernsthaft verfolgen“. Vereinigungen, die dazu „nach ihrem Organisationsgrad und ihren Aktivitäten offensichtlich nicht imstande sind“, bei denen „die Verfolgung dieser Zielsetzung erkennbar unrealistisch und aussichtslos ist“, sieht das Gericht nicht als Parteien an. Zu diesen sonstigen Vereinigungen zählt das Gericht die FAP mit ihren bundesweit 300 Mitgliedern.
Die FAP gliedert sich formal in einen Bundesvorstand und eine Mehrzahl von Landesverbänden, die zum Teil über einige Untergliederungen auf Kreisebene verfügen. Angesichts der geringen Zahl der Mitglieder besteht indes diese Organisation im wesentlichen nur auf dem Papier. Da es sich bei der FAP nicht um eine regional begrenzte Gruppe von relativer Dichte, sondern um eine über viele Bundesländer verstreute Vereinigung handelt, ist nicht ersichtlich, wie mit den vorhandenen Mitgliedern über eine bloße Vereinsarbeit hinaus eine Mitwirkung in den Volksvertretungen des Bundes und der Länder vorbereitet werden soll.
Aus dem vorliegenden Schriftmaterial, insbesondere der an einigen Stellen in den Publikationen der FAP selbst angesprochenen prekären finanziellen Lage der Partei, ergibt sich, daß diese nicht über den Organisationsgrad und Mitgliederbestand verfügt, der für eine geordnete und kontinuierliche Parteiarbeit wie auch für die Durchführung effektiver Wahlkämpfe ausreichend ist. Die Defizite im personellen und organisatorischen Bereich werden auch nicht durch besondere Aktivitäten in der Öffentlichkeit ausgeglichen. Die FAP tritt im wesentlichen nur mit Aktionen im Zusammenhang mit den jährlichen Gedenkfeiern für Rudolf Heß, die von verschiedenen rechtsextremen Gruppierungen getragen werden, in Erscheinung. Dem vorliegenden Schriftmaterial läßt sich nicht entnehmen, daß die FAP darüber hinaus in nennenswertem Umfang aktiv ist. Sie beschränkt sich – auch nach ihrem Vortrag in den vorliegenden Verfahren – in erster Linie auf interne Zusammenkünfte.
Die FAP verfügt über keinerlei Unterstützung in der Bevölkerung. Sie hat ihre früheren gelegentlichen Wahlaktivitäten nahezu gänzlich eingestellt. Das letzte Mal hat sie als „Partei“ 1990 an den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen und auch dort nur in einem Wahlkreis mit einem Ergebnis von 56 Stimmen teilgenommen. Soweit sich die FAP früher an Wahlen beteiligt hat, war sie im übrigen nie in der Lage, Kandidaten für verschiedene Wahlbezirke aufzustellen, was die Annahme nahelegt, daß es sich schon damals nur um Aktivitäten einzelner Mitglieder gehandelt hat. Zudem blieb sie bei sämtlichen Wahlen, an denen sie sich seit ihrer Gründung beteiligt hat, erfolglos (0,00 bis 0,07 vom Hundert der gültigen Stimmen).
Es ist auch nicht erkennbar, daß die FAP irgendwelche erheblichen Anstrengungen unternommen hat, um ihre derzeitige Situation grundlegend zu ändern. Wenn eine Vereinigung sich aber offenkundig mit dem Zustand absoluter Bedeutungslosigkeit abfindet, erweist sich der Wille zur politischen Einflußnahme und zur Mitwirkung an der Vertretung des Volkes in den Parlamenten als ein bloß vorgeblicher, mithin als Maskerade.
Angesichts ihrer mangelnden Organisationsdichte, einer nicht ausreichend handlungs- und arbeitsfähigen Parteiorganisation, des geringen Mitgliederbestandes, des fehlenden kontinuierlichen Hervortretens in der Öffentlichkeit und des Mangels an jeglichem Widerhall in der Bevölkerung bietet die FAP keine ausreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit ihrer politischen Zielsetzung. Sie ist keine Partei im Sinne von Artikel 22 des Grundgesetzes und des Paragraphen 2 Absatz 1 des Parteiengesetzes.
(Anm. d. Red: Im Text wurde das Wort „Antragsgegner“ durch FAP ersetzt.)
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