■ Dokumentation: Schutzzonen schützen keine sind
Die Bosnien-Debatte hat eine Reihe von Fraueninitiativen zu einem Aufruf motiviert. In der taz vom vergangenen Donnerstag stand ein Interview mit einer der InitiatorInnen. Heute dokumentieren wir den vollständigen Text:
Und wieder geschehen Vertreibung, Deportation, Vergewaltigungen unter den Augen von UNPROFOR (UN-Schutztruppen, d.Red.). Die vom Kriegsverbrechertribunal angeklagten Karadzic und Mladic können ungestört das UNPROFOR-Gelände von Potocari stürmen, Menschen aussieben, Männer zum „Verhör“ in das Stadion von Bratunac abführen, Frauen und Mädchen verschleppen, in Busse stecken und abtransportieren. Über 80.000 Menschen in Zepa und Gorazde erwartet dasselbe Los. Sie sind abgeschrieben. „Ethnische Säuberungen“ und Kriegsvergewaltigungen erfolgen tagtäglich.
Mit der Bildung der Schutzzonen durch die UNO gaben die bosnischen Verteidiger ihre Waffen ab und sind durch die unterlassene Hilfeleistung der Völkergemeinschaft den Aggressoren schutzlos ausliefert.
Die verantwortlichen Länder der UNO machen sich der Mittäterschaft an Mord, Vertreibung und Vergewaltigung mitschuldig. Es ist ein Verbrechen an der Völkergemeinschaft und an den Menschen in Bosnien, sie erst zu entwaffnen, sie also bei Übergriffen der Möglichkeit zu berauben, sich selbst zu verteidigen und die vermeindlichen Schutzzonen nicht zu schützen.
Niemand kann heute mehr sagen: „Ich habe von diesen Greueltaten nichts gewußt.“ Zwischenzeitlich haben sich viele Menschen mit dem Krieg, dem Morden und Sterben abgefunden, deshalb gibt es zur Zeit kaum öffentliche Proteste gegen diese Greueltaten. Auch durch Schweigen und Zuschauen sind wir mitverantwortlich. Wir fordern alle Menschen individuell und in ihrer politischen Arbeit auf, sich einzusetzen für die Beendigung des Krieges, für eine öffentliche Ächtung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen und zur Unterstützung für die Betroffenen. Wir fordern: – die Möglichkeit der Selbstverteidigung und die Verteidigung der Schutzzonen durch die UNO. – die unbürokratische Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Kriegsgebiet – die Umwandlung des Duldungsstatus in eine Aufenthaltsgenehmigung mit einer damit einhergehenden Arbeitserlaubnis – ein eigenständiges Aufenthaltsrecht für Frauen – die aktive und finanzielle Unterstützung des Kriegsverbrechertribunals in Den Haag durch die Bundesregierung.
Mädchenhaus Bremen e.V., Frauenhaus Bremen/Frauen helfen Frauen e.V., Frauenflüchtlingshaus Bremen, Bremer Frauenliste
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