■ Dokumentation: Ralph Giordano schreibt an Helmut Kohl: Selbstschutz, auch mit Waffen
An den Herrn Bundeskanzler
der Bundesrepublik Deutschland
Helmut Kohl
Adenauerallee 139–141
5300 Bonn
Herr Bundeskanzler!
Da wir nach den jüngsten Mordfällen den Glauben und die Hoffnung verloren haben, daß Sie und Ihre Regierung einen wirksamen Schutz gegen den Rechtsextremismus und seine antisemitischen Gewalttäter bieten könnten, teile ich Ihnen mit, daß nunmehr Juden in Deutschland, darunter auch ich, dazu übergegangen sind, die Abwehr von potentiellen Angriffen auf unsere Angehörigen und uns in die eigenen Hände zu nehmen, und zwar bis in den bewaffneten Selbstschutz hinein. Ich warne Regierung, Bundestag, Länderparlamente, Verfassungsschutz und Polizei davor, die Entschlossenheit dazu zu unterschätzen. Nie wieder werden wir Überlebenden des Holocaust unseren Todfeinden wehrlos gegenüberstehen – niemals!
Wir machen Sie und Ihre Regierung für alles verantwortlich, was daraus auf Grund der unentschuldbaren staatlichen Schwäche gegenüber den rechten Mördern entstehen könnte.
Sollten die Juden Deutschlands das Vertrauen in die demokratische Republik endgültig verlieren, so wäre das nicht allein die Notwehrreaktion einer winzigen Gemeinschaft von nur 35.000 Köpfen unter 75 Millionen. Es wäre vielmehr die Ankündigung eines politischen Bebens, von dem wieder die ganze deutsche Gesellschaft erschüttert werden würde. Ralph Giordano
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