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Doktortitel gegen GefälligkeitenKnast für Schummelprof

Wegen Bestechlichkeit ist ein ehemaliger Jura Professor der Universität Hannover zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden. Er ließ sich die Promotion von Studenten bezahlen.

Der Jura Prof liess sich durch Bares und in Naturalien bezahlen, nun muss er für drei Jahre hinter Gitter. Bild: dpa

HILDESHEIM ap/dpa/rtr/taz Im Prozess gegen den ehemaligen Jura Professor Thomas Eduard A. ist das Urteil gesprochen worden. Der 53-Jährige ist wegen Bestechlichkeit in 68 Fällen zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Der Professor verließ vorerst als freier Mann mit einem Lächeln den Gerichtssaal. Der Haftbefehl war aufgehoben worden, da keine Fluchtgefahr mehr besteht.

Er habe sich "wegen Bestechlichkeit in besonders schwerem Fall" strafbar gemacht, sagte Richter Peter Peschka. Der Hochschullehrer der Universität Hannover sei schuldig, zwischen 1998 und 2005 für die Betreuung von 68 Doktoranden von einer Promotionsagentur 156.000 Euro erhalten zu haben, obwohl dies bereits Teil seines Aufgabengebiets an der Universität war.

Die Betreuung von Doktoranden gehöre zu den Dienstpflichten des Professors, betonte Peschka. Der Aufwand sei durch das Professorengehalt abgedeckt, dafür dürfe ein Lehrstuhlinhaber keine zusätzlichen Leistungen verlangen. Mit der Tat habe er seine Vorbildfunktion verletzt.

Mit dem Urteil folgte die Wirtschaftsstrafkammer einer Vereinbarung mit Professor und Staatsanwaltschaft, die dem einstigen Lehrstuhlinhaber der Universität Hannover ein relativ mildes Urteil gegen ein umfassendes Geständnis versprach. Die Staatsanwaltschaft hatte am Mittwoch auf eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten, die Verteidigerin auf eine Strafe von drei Jahren plädiert.

Die Anklage hatte dem Juristen auch zur Last gelegt, Studentinnen gegen sexuelle Gefälligkeiten bei der Benotung bevorzugt oder ihnen einen Uni-Job verschafft zu haben. Diese Vorwürfe spielten beim Urteil keine Rolle mehr. Zwei ehemalige Studentinnen waren bereits wegen der Vorwürfe zu Geldbußen in Höhe von jeweils 1.800 Euro verurteilt worden.

Der Professor hatte während des Prozesses zugegeben, jeweils gut 2.000 Euro für die Annahmen eines Doktoranden zur Betreuung und noch einmal die gleiche Summe bei Abschluss der Promotion erhalten zu haben. Er habe gewusst, dass er sich mit der Annahme der Zahlungen durch die Promotionsagentur strafbar mache, betonte der Richter. Um seine Nebentätigkeit zu verschleiern, habe er keine Genehmigung bei der Universität beantragt und auf den Rechnungen seine Frau als Zahlungsempfängerin angegeben.

Motiv für die Annahme der Bestechungsgelder seien finanzielle Probleme gewesen, in die er 1999 durch den Kauf eines teuren und unerwartet renovierungsbedürftigen Hauses in einem Hamburger Villenviertel geraten war. Zuletzt hatte A. ein Netto-Gehalt von 5.000 Euro erhalten. Er habe sich in "einer Notlage auf sehr hohem Niveau" befunden, sagte Richter Peschka.

Den Vorwurf, ungeeigneten Bewerbern geholfen zu haben, hatte der Professor zurückgewiesen. Seine Doktoranden habe er nach besten Wissen und Gewissen betreut und beurteilt, sagte er. Von den insgesamt 68 Bewerbern, die ihm die Promotionsagentur vermittelte, haben acht tatsächlich den Doktortitel erhalten.

Die Anwältin des Schummelprofs hofft nun darauf, dass A. seine Strafe im offenen Vollzug verbüßen kann um als Rechtsberater arbeiten zu können. An seiner ehemaligen Arbeitsstelle ist Thomas Eduard A. nicht mehr willkommen. Die Universität Hannover hat ein Disziplinarverfahren gegen ihren Ex-Professor eingeleitet und ihm Hausverbot erteilt.

Das Urteil für den mitangeklagten Geschäftsführer einer Beratungsgesellschaft, die dem Professor die Promotionskandidaten vermittelt hatte, wird in einer Woche erwartet.

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