Direktmandate für den Bundestag: Duell der Verlierer
Showdown um die Tickets nach Berlin: In SPD und CDU wird jetzt mit harten Bandagen um Karrieren gekämpft. Bei Grünen, FDP und Linken ist schon fast alles klar.
Selbst Olaf Scholz kann irren. Bei der Bundestagswahl am 22. September 2013 werde die SPD in Hamburg im Gegensatz zu 2009 wieder wie früher alle sechs Direktmandate holen, hatte der Bürgermeister und SPD-Parteichef im vorigen Jahr angekündigt. Aber ausgerechnet sein früherer Wahlkreis Altona wackelt jetzt mächtig und deshalb kämpfen hinter den Kulissen der Ex-Parteichef Ingo Egloff und die SPD-Vize Inka Damerau um einen hoffnungsvollen Platz auf der Landesliste, die am 16. Februar von einem Parteitag abgesegnet werden soll.
Unstrittig ist der Spitzenplatz der Wandsbeker Direktkandidatin Aydan Özoguz. Der stellvertretenden Bundesvorsitzenden winkt in einer SPD-geführten Bundesregierung ein Kabinettsposten. Hinter der 45-Jährigen könnte Listenplatz 2 und sogar 3 für ein Ticket nach Berlin reichen – wenn die SPD nicht alle sechs Wahlkreise gewinnt und so die Liste zum Zuge kommt.
In Altona war der Hamburger CDU-Vorsitzende Marcus Weinberg zweimal nur über die Landesliste in den Bundestag gekommen, weil er im Kampf um das Direktmandat gegen Scholz unterlegen war: 2005 mit zwölf Prozent Rückstand, 2009 aber nur noch mit sechs Prozent. Gegen den neuen und weithin unbekannten SPD-Kandidaten Matthias Bartke rechnet sich Weinberg deshalb nun Chancen aus: „Jetzt ist Altona fällig“, frohlockt er.
Auf der SPD-Landesliste, die zurzeit in der Parteiführung entworfen wird, liefern sich deshalb zwei VerliererInnen ein Duell um ihre letzte Chance. Egloff hatte in Harburg-Bergedorf den Kampf um die Direktkandidatur gegen den Bürgerschaftsabgeordneten Metin Hakverdi verloren, Damerau war im Wahlkreis Nord an Christian Carstensen gescheitert.
Hinter den beiden soll Niels Annen (Eimsbüttel) Platz 4 erhalten, Carstensen 6, Metin Hakverdi 8 und letztlich Bartke 10. Johannes Kahrs aus Mitte setzt ganz darauf, zum fünften Mal in Folge seinen Wahlkreis zu gewinnen. Wegen der Quote aber müssen die Sozialdemokraten noch drei Alibi-Frauen für die Plätze 5, 7 und 9 überreden – „wer das macht, ist egal“, spottet ein prominenter SPD-Mann.
Erstmals lag die CDU mit 27,9 Prozent knapp vor der SPD (27,4 Prozent). Die Grünen erreichten 15,6 Prozent, die FDP 13,2 Prozent und die Linkspartei 11,2 Prozent.
Wahlkreise: Die CDU errang drei Direktmandate in den Wahlkreisen Eimsbüttel (Rüdiger Kruse), Nord (Dirk Fischer) und Wandsbek (Jürgen Klimke), die SPD drei Mandate in Altona (Olaf Scholz), Mitte (Johannes Kahrs) und Harburg-Bergedorf (Hans-Ulrich Klose).
Landesliste: Auf diesem Weg kamen in den Bundestag Markus Weinberg (CDU), Aydan Özoguz (SPD), Krista Sager und Manuel Sarrazin (Grüne), Burkhard Müller-Sönksen und Sylvia Canel (FDP) und Jan van Aken (Linke).
Nachrücker: Im März 2011 legte Olaf Scholz sein Mandat nieder, um Erster Bürgermeister in Hamburg zu werden. Für ihn rückte von der Landesliste Ingo Egloff nach.
Bereits am Wochenende kommt es im CDU-Kreis Wandsbek zum Showdown zwischen zwei Christdemokraten. Ex-Parteichef Frank Schira will dem Abgeordneten Jürgen Klimke den Sitz im Reichstag streitig machen. Der Sieger aber muss zur Sicherheit ebenfalls einen aussichtsreichen Platz auf der Landesliste anstreben. Dort ist Parteichef Weinberg als Spitzenkandidat gesetzt.
Um die nächsten drei Ränge, die das Ticket nach Berlin bedeuten könnten, streiten sich die beiden aktuellen Abgeordneten Dirk Fischer (Nord) und Rüdiger Kruse (Eimsbüttel) mit Ex-Senatorin Herlind Gundelach (Harburg-Bergedorf) und dem Sieger von Wandsbek. Einer mindestens wird auf der Strecke bleiben.
Ungleich friedlicher geht es bei den Grünen zu. Die langjährige Bundestagsabgeordnete Krista Sager tritt nicht mehr an, zur neuen Spitzenkandidatin wird auf dem Parteitag am 23. Februar die Bürgerschaftsabgeordnete Anja Hajduk gekürt werden. Den zweiten erfolgversprechenden Listenplatz bekommt wie schon 2009 Manuel Sarrazin.
Die FDP hat ihre Personalien bereits geklärt. Spitzenkandidat ist zum dritten Mal Burkhard Müller-Sönksen, für mehr als höchstens ein Mandat dürfte es für die Liberalen kaum reichen. Das gilt auch für die Linke, die im April ihren Bundestagsabgeordneten Jan van Aken erneut aufstellen wird. Der stellvertretende Bundesvorsitzende streichelt die linke Seele mit Sätzen wie: „Angela Merkel macht Außenpolitik mit der Waffe in der Hand.“ So wird man gewählt.
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