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Archiv-Artikel

Die tschechische Marlene privat

Mondäne Leinwanddiva oder Spionin der Nazis? Um die schillernde Tschechin Olga Tschechowa ranken sich viele Gerüchte. Eine Düsseldorfer Ausstellung spürt dem Leben der vor 25 Jahren verstorbenen Schauspielerin nach

VON ERIKA RUBINSTEIN

Sie hat um sich stets Legenden aufgebaut. Sie behauptete, eine Schülerin des berühmten Theaterregisseurs Konstantin Stanislawski zu sein, obwohl sie es nie war. Sie gab vor, mit der Zarenfamilie verkehrt zu haben, aber auch das ist zweifelhaft. Von den anderen wurde sie als Nazi-Mitläuferin, gar als Spionin beschimpft. Eine der schillerndsten Vertreterinnen des Tschechow-Clans steht im Mittelpunkt der Ausstellung „Olga Tschechowa“ im Filmmuseum Düsseldorf.

Olga Tschechowa, 1897 im kaukasischen Alexandropol geboren, wächst im bürgerlich-intellektuellen Ambiente in Georgien, Petersburg und Moskau auf. Ihre Tante Olga Knipper-Tschechowa, selbst eine anerkannte Schauspielerin am renommierten Moskauer Künstlertheater, ist mit dem Dichter Anton Tschechow verheiratet. Olgas Ehe mit ihrem Cousin Michael Tschechow, der als Schauspielpädagoge Größen wie Marilyn Monroe, Yul Brynner und Anthony Quinn unterrichtete, dauert nur drei Jahre bis 1917.

Kurz nach der Oktoberrevolution verlässt die ehrgeizige junge Frau ihre Heimat und geht nach Berlin. Ihre erste Rolle erhält sie bei Friedrich Murnau in seinem Film „Schloss Vogelöd“, 1925 gelingt ihr der Durchbruch als Femme fatale. In den 30ern spielt sie bei Max Ophüls in „Liebesreigen“, bei Willi Forst in „Bel Ami“ und „Masquerade“ und in Werner Hochbaums „Der Favorit der Kaiserin“. Die Tschechowa gibt auf der Leinwand die mondäne, luxuriöse Diva.

In der Ausstellung, die Stationen ihres Lebens nachzeichnet, sind Fotos mit Filmausschnitten und seltene Aufnahmen im Kreis der Familie zu sehen. „Zuerst planten wir eine Ausstellung zum gesamten Tschechow-Clan inklusive der Literaten und Theaterleute“, sagt Sabine Lenk, Leiterin des Filmmuseums, „allerdings ist dieses Großprojekt an den Kosten gescheitert.“

So verfolgt die Schau chronologisch das lange Leben der 1980 verstorbenen Schauspielerin. Hauptsächlich mit Bildern, Filmpostern und Filmausschnitten, die aus dem Privatarchiv der Kuratorin Renata Helker stammen. Man sieht einzigartige Fotos von der „deutschen“ Olga Tschechowa zusammen mit ihrer russischen Tante Olga Tschechowa-Knipper, mit der sie oft verwechselt wurde. Oder man schmunzelt über das Foto aus dem Jahr 1960, auf dem Olga mit ihrer Tochter Vera und dem Produzenten Artur Brauner zusammen abgelichtet ist. Leider gibt es nur wenige Privatgegenstände und Briefe zu sehen.

Ein großer Teil der Schau ist Olgas geschäftlichen Aktivitäten gewidmet. Ihre erste Filmproduktionsfirma von 1928 ging pleite, weil der Geschäftsführer Mittel veruntreut hatte. 1958 gründet sie ein Kosmetikunternehmen für Naturprodukte, das sie bis zu ihrem Tod leitete. Eine für ihre Zeit außergewöhnliche Frau. „Olga Tschechowa ist eine singuläre Erscheinung im deutschen Film. Sie war gebildet, sie war kosmopolitisch und doch war sie nur eine Diva im Abseits, die es nie zu der Popularität einer Marlene Dietrich brachte“, so Kuratorin Renata Helker.

Filmmuseum Düsseldorfbis 29. Mai 2005Infos: 0211-8992256