Die taz-Politikberatung: Fragen Sie Dr. Semler!
Frage: Ich möchte die für mich einzig vernünftige Opposition im kommenden Bundestag stärken und PDS wählen. Kann ich dies, ohne die alten Stasi-Machenschaften der SED im Nachherein zu legitimieren?
HOLGER MEISCHNER
Dr. Semler: Hier gilt es, zwischen der reformerischen Führung und nach wie vor starken Kräften in der PDS andererseits zu differenzieren, die sich um ein klares Urteil über den tyrannischen Charakter des SED-Regimes drücken. In der Partei existiert bis heute ein Justemilieu, das es für radikal und demokratisch gesinnte junge Leute schwer macht, in ihr Fuß zu fassen. Das eigentliche Problem der PDS ist aber nicht der Ballast der Vergangenheit, weil sie 1989/90 nicht die Kraft zu einer sozialistischen Neugründung fand. Vielmehr sind viele der von ihr vorgeschlagenen politischen Lösungen nicht praktikabel – z. B. die staatlich finanzierte industrielle Strukturpolitik. Oder sie sind falsch-prinzipialistisch, wenn z. B. selbst im Fall von Osttimor die Beteiligung an Militärinterventionen trotz UN-Mandat abgelehnt wird. Taktisch gesehen wären Stimmen für die PDS schlecht für Rot-Grün, falls Rot-Grün eine knappe Mehrheit hat. Da Sie aber sowieso für Opposition votieren wollen – nur zu.
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