piwik no script img

Die rappenden Oberschüler aus Atlanta

■ Groovy: „Arrested Development“ erteilen heute wieder Unterricht in Revolution

Das links-christliche Schulsprecherkollektiv Arrested Development aus Atlanta mit ihrem grauhaarigen Spiritus rector ist so gut und richtig, daß es einen gelegentlich schon grausen tut. Mit ihrer Ideologie der gewaltlosen Revolution sind sie die Wunschenkel Martin Luther Kings, auch wenn vieles nach wie vor recht naseweis klingt, was Bandleader Speech und seine Band an Belehrungen der Welt hervorbringen. In ihrem linken Idyll, einer Farm in Atlanta, wo der schlaumeierische Rapper auf den heimatverliebten Bauern trifft, mischen sie ihre Image-Brühe aus Afro-Amerikanismus, Friedenspfeife, Ghandinismus, politischen Eitelkeiten und Erklärungen der vollen Gleichberechtigung für alle zusammen, die weniger eine Kapitalismus-Analyse und -Kritik ist, als ein aktivistisches, oberschülerhaftes Großtun. In diesem Becken sammeln sie aber all diejenigen, die vom Hardcore verschreckt sind und das dortige machohafte Gehabe für die singuläre Aussage des “bösen Rap“ halten. Musikalisch ist das sehr hübsch, wirklich. Ihre neue Platte Zingalamaduni verpackt die naturalistische Politlyrik und das seelensuchende Geschmuse der Texte in rund-groovende Popmusik mit viel Melodie. Musikalisch wird auch gekuschelt, aber die 15 Titel sind easy-listening in schönster Verspieltheit. Um gute Musik zu machen, muß man ja nicht unbedingt ein kluger Kopf sein. Im Gegenteil: Ab einer bestimmten Schwelle entpannt-logischer Gehirntätigkeit leidet die Musik. Dies ist die popmusikalische Unschärfenrelation, die läßt sich an Arrested Development verifizieren. tlb

Heute abend, Docks, 21 Uhr

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen