Die neue Dachmarke der Exportnation: The German Mittelstand
Was macht ein Wirtschaftsminister, wenn einfach gar nichts mehr funktionieren will? Er erfindet ein globales Gütesiegel. Für die Exportnation. Für Deutschland. Für uns.
Eigentlich ist Philipp Rösler Augenarzt. "Der Doc" haben sie ihn damals in Niedersachsen genannt. Wenn ein Kind Angst vor der Spritze hatte, holte der Doc eine Handpuppe namens Willi heraus, mit der er ein bisschen herumkasperte und mit verstellter Stimme über "Philipp, meinen doofen Chef" parlierte. Vor Lachen vergaß der kleine Patient den Schmerz und ließ sich von Dr. Rösler behandeln.
Heute ist Philipp Rösler Wirtschaftsminister (ja, auch FDP-Vorsitzender, aber das merkt kaum jemand). Als Minister kümmert er sich nun auch um den Mittelstand. Und damit der wie versprochen wächst, hat der Minister die Dachmarke "German Mittelstand" ins Leben gerufen.
German what?! Richtig gelesen. "German Mittelstand" soll zu einem weltweiten Gütesiegel werden und dazu beitragen, deutschen Waren und Produkten auf dem internationalen Markt zu noch mehr Glanz zu verhelfen. Immerhin gibt es hierzulande 300.000 mittelständische Exporteure. Jetzt, so die begeisterte Mittelstandssprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, gelte es, "den deutschen Mittelstand zu einem globalen Gütezeichen zu machen".
Nun ist es ja so, dass im internationalen Sprachgebrauch die "German Angst" ihren festen Platz hat. Auch "Kraftwerk", "Autobahn" und das gute alte "Sauerkraut" begegnen dem weltreisenden Deutschen. Aber "Mittelstand"? Nicht auszudenken, wie zum Beispiel ein italienischer Importeur an diesem Wortungetüm herumknabbert. "Prego? Mitel'e-Stande?" Oder der Farmer aus Iowa, der Post vom "Dschörmen Middelschtänd" im Mailfach findet. What the fuck … würde er denken und deleaten.
Laut einer Forsa-Umfrage für das Handelsblatt sagen übrigens 62 Prozent der deutschen Topmanager, Röslers FDP habe keine politische Zukunft mehr.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Scholz bezeichnet russischen Raketeneinsatz als „furchtbare Eskalation“