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Archiv-Artikel

Die mörderische Logik der Afrika-Hilfe KOMMENTAR VON DOMINIC JOHNSON

Niger, ein großes, armes Land, tief in Afrika, ist selten eine Nachricht wert. Aber die dramatischen Hungerbilder, die jetzt aus der heißen Sahelzone um den Globus gehen, werden das internationale Gewissen erschüttern. Erst vor zwei Wochen stand die Weltpolitik im Zeichen Afrikas: Im schottischen Gleneagles versammelten sich die mächtigsten Politiker der Welt zum Wirtschaftsgipfel mit Afrika als wichtigstem Tagesordnungspunkt; in Edinburgh demonstrierten hunderttausende für ein Ende der Armut; am Wochenende zuvor hatte das „größte Musikereignis der Geschichte“ mit Milliarden Zuschauern eine Botschaft der Solidarität mit Afrikas Ärmsten in die Welt gesendet, wie es sie seit 20 Jahren nicht gegeben hatte. Und nun kommen aus Niger genau die Schreckensnachrichten, die es nach dem Willen dieser Kampagnen nie mehr geben sollte.

Es ist zynisch, aber wahr: Mit einem Bruchteil des Geldes, den der G-8-Gipfel oder die Live-8-Konzerte kosteten, hätten sämtliche Nahrungsmittelbedürfnisse nicht nur in Niger problemlos gedeckt werden können. Wenn die ganzen Afrika-Hilfsbeteuerungen zu irgendetwas dienen sollten, dann dazu, die Sensibilität der reichen Ländern für die Probleme der armen zu erhöhen. Am Beispiel Niger wird sich das nun messen lassen.

Schon vor einem Jahr reagierte die Weltgemeinschaft viel zu langsam auf die Invasion der Heuschrecken, die Afrikas Sahelzone von West nach Ost durchfraßen. Die Bekämpfung kostete am Schluss viel mehr Geld, als es eine effektive Prävention erfordert hätte. Damals warnten die betroffenen Länder schon: In einem Jahr werden wir Hunger leiden. Aber auch jetzt warten Geber lieber auf Horrorbilder, um sich dann eventuell als Retter in der Not in Szene zu setzen, statt in mühevoller entwicklungspolitischer Kleinarbeit als Partner zu dienen. Frühzeitige, bescheidene Hilfsappelle werden oft ignoriert – zugunsten großer, teurer Hilfsaktionen.

Das ist die mörderische Logik der humanitären Hilfe. Das allerdings macht Hilfe nicht falsch. Es macht deutlich, warum sie nötig ist. Und welche Muster durchbrochen werden müssen, damit sie irgendwann überflüssig wird.