: Die letzte Verblendung
Der ostdeutsche Dichter und Dramatiker Volker Braun erhielt in Darmstadt den Georg-Büchner-Preis
DARMSTADT ap/taz ■ Der ostdeutsche Dichter Volker Braun ist am Samstag in Darmstadt von der Akademie für Sprache und Dichtung mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet worden. Seine Dankesrede zur Entgegennahme des bedeutendsten deutschen Literaturpreises nutzte der 61-Jährige zu einer Abrechnung mit dem politischen System der Bundesrepublik und zu einem melancholischen Rückblick auf die enttäuschten Hoffnungen der Revolutionäre von 1989.
„Volkseigentum und Demokratie“ habe er erhofft, als die Demonstrationen im Herbst 1989 das SED-Regime hinwegfegten. Heute weiß der Dichter: „Das ist meine letzte Verblendung, die herrlichste Einbildung.“ Denn auf die friedliche Revolution folgte das Scheitern vieler DDR-Bürger. Braun erinnerte an den vergeblichen Kampf der Kalikumpel von Bischofferode. Die nackte Existenz sei plötzlich wieder zur Privatsache erklärt worden: „Das ist die Wunde, die bleibt.“ Und so bleibt auch für Braun nur ein schwacher Trost: Man wisse nach den Kriegen und Revolutionen „mehr davon, was ein Mensch ist, und nicht mehr, wie ihm zu helfen ist.“
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