Die grünen Schwanzwedler : KOMMENTAR VON KATHARINA KOUFEN
Seit einem Jahr sind die Grünen in der Opposition, die Zeit schmerzhafter Koalitionskompromisse ist vorbei. Doch wer nun meinte, die Grünen vollzögen einen Linksruck, das Fundi-Lager gewinne an Einfluss, der wurde am Wochenende eines Besseren belehrt. Der Parteitag hat gezeigt: Die Grünen wollen bald wieder regieren, mitreden, verändern. Die Grünen wollen nicht mehr zurück in die Zeit vor Rot-Grün. Opposition ist nicht mehr Ding dieser Partei. Als Opposition stehen sie derzeit im Bundestag blass da, schlagen wenig Kapital aus den Fehlern der Regierung. Vor allem die Fraktionsspitze schielt nach allen Richtungen: Mit wessen Hilfe ist ein schnelles Entkommen aus der neuen Rolle möglich?
Zwar gibt es da noch die Parteibasis. Die drängt auf Aufarbeitung all der Kompromisse, die die Grünen als kleiner Koalitionspartner unter Kanzler Schröder mittrugen. Jugoslawien, Afghanistan, Atomausstieg, Hartz-Reformen, Verzicht auf urgrüne Forderungen wie das Tempolimit. Doch selbst die Basis tobte sich auf dem Parteitag auf Nebenkriegsschauplätzen wie dem Streit um das neue Partei-Logo aus und ließ sich von der Parteispitze auf künftige Diskussionen vertrösten. In den Debatten um Klimapolitik und Afghanistaneinsatz setzten sich die Realos durch. Der Parteispitze gelang es, mit ihrer angeblichen neuen Radikalität, die sich in Wirklichkeit auf Rhetorik beschränkt, die Basis zu besänftigen. Forderungen, die andere Parteien zu sehr verschrecken könnten, erhielten keine Mehrheit. Die Grünen präsentierten sich ein bisschen wie Hunde, die bellen, aber nicht beißen, und womöglich mit dem Schwanz wedeln, wenn sie jemand braucht.
Dabei haben die Grünen noch Glück: Die Themen entwickeln sich von selbst in ihre Richtung. Energiesparen und Klimaerwärmung sind auf allen politischen Agenden aufgetaucht und werden da auch nicht verschwinden. Das weiß auch die Basis. Und auch die radikaleren Ökologen sehen hier die Chance der Partei, die nicht durch unrealistische Forderungen kaputtgemacht werden darf. So könnte es den Grünen vielleicht sogar gelingen, das Machtvakuum, das Leitwolf Joschka Fischer hinterlassen hat, allein durch die richtigen Themen zu füllen.