Kommentar: Die ganze Wahrheit
■ Bremer Bröckchentaktik schadet nur
Zugegeben – als das Anti-Rassismus-Büro im Frühjahr mit harten Vorwürfen gegen Polizei und Staatsanwaltschaft in die Öffentlichkeit ging, da waren wir ziemlich skeptisch. Die Beweislage schien reichlich dünn. Was sind die Aussagen von Betroffenen wert? Kann man daraus die gewagten Schlüsse ziehen, die das Arab zog: Rassismus, Körperverletzung?
Doch langsam weicht diese Skepsis, und an diesem Prozeß haben beide Seiten ihren Anteil. Im Arab sitzen mittlerweile die BrechmittelspezialistInnen. Von Monat zu Monat werden die Vorwürfe härter untermauert, und zwar nicht mit ideologischen Versatzstücken, sondern mit Fachkompetenz. Und die Behörden – man muß es so sagen – mauern. Das macht mißtrauisch, und daß dieses Verhalten häufiger vorkommt, wenn unangenehme Wahrheiten nicht ans Tageslicht kommen sollen, macht die Angelegenheit nicht besser.
Rassismus, Körperverletzung – harte Vorwürfe gegen den Staat, denen aber leider nicht mit derselben Härte nachgegangen wird. Die Menschenrechte sind ein kostbares Gut. Wenn der Vorwurf im Raume steht, daß sie verletzt werden, dann muß der Staat vor allem eines machen: schnell reagieren und rückhaltlos offenlegen und aufklären. Die Bremer Bröckchentaktik, mal so gesagt, stärkt nicht gerade das Vertrauen in die Justiz und Polizei. Bremen hat ein Recht auf die ganze Wahrheit. Jochen Grabler
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