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Archiv-Artikel

„Die falsche Frau angepisst“

betr.: „Im Dienst von Schering und Co.“

So rühmlich das Ansinnen auch erscheinen mag, die unlautere Verquickung von Pharmaindustrie und organisierten Patientengruppen anzuprangern, die Autorin Melanie Zerahn hat einfach mal „die falsche Frau angepisst“ – sorry, frei nach Churchill. Denn bei aller an den Tag gelegten Emsigkeit im Sinne von investigativem taz-Journalismus ist leider der Blick verloren gegangen für das, wofür Ursula Goldmann-Posch steht: deutsche Frauen im Kampf gegen Brustkrebs zu mobilisieren. Im mamazone e. V. wollen Brustkrebspatientinnen nur eines: überleben. Damit kann Frau nicht warten, bis anerkannte neue Medikamente und Untersuchungsmethoden endlich auch in Deutschland zugelassen sind. Denn beim Brustkrebs-Überleben stehen wir im internationalen Vergleich schlecht da. Jede 9. Deutsche bekommt Brustkrebs. 60.000 neue Erkrankungen sind es jedes Jahr. 40 von 100 Frauen sterben in Deutschland. Viel zu viel. In Amerika, der Schweiz, Schweden, Frankreich, Italien, Irland und den Niederlanden werden Frauen besser versorgt.

Frauen sterben, weil der Brustkrebs zu spät erkannt wird – Mammografie-Screening ist immer noch nicht in allen Bundesländern durchgesetzt. Sie sterben, weil sie nicht rechtzeitig behandelt werden, weil sie falsch oder unzureichend therapiert werden. Weil sie keine Arzttermine bekommen, weil kein Platz im Krankenhaus ist, weil die Kliniken nicht zertifiziert sind. Weil neue Medikamente nicht zugelassen, neue effiziente Untersuchungsmethoden nicht bezahlt werden. Keine Qualitätssicherung bei Diagnose und Therapie, keine Leitlinien, kein Krebsregister. Das träge deutsche Gesundheitssystem kostet jedes Jahr tausende von Frauen das Leben. Und kostet, weil nach dem Gießkannenprinzip überkommene und überflüssige Therapien verordnet und finanziert werden. Dagegen sind 60.000 Euro Spendengeld an mamazone e.V. nur Peanuts.

KERSTIN ALDENHOFF, Dresden