: Die bunten Eier des Zaren
■ Die Prunkobjekte des kaiserlich-russischen Hofjuweliers Carl Peter Fabergé im Museum für Kunst und Gewerbe erzählen viel über ihre Besitzer
Rotgold, Weißgold, Grüngold und Gelbgold. Durch Legierungen mit anderen Metallen kann auch mit dem edelsten der Metalle eine größere Farbskala erreicht werden. Dazu Rubine, Diamanten, Halbedelsteine, Bergkristall, Emaille, schlichtes Eisen und edles Holz. Fertig ist die Blumenvase samt dauerblühenden Blumen als Tafeldekoration und ähnlich edles Prunkobjekt. Keiner war dabei um 1900 so erfinderisch und qualitätvoll wie der Petersburger Juwelier Carl Peter Fabergé.
1846 in einer Familie hugenottischen Ursprungs geboren, lernte er sein Handwerk in Frankfurt am Main, Florenz und Paris. Ab 1870 leitete er die väterliche Firma mit Speiseservices, Rauch- und Schreibutensilien und kleinen Figuren zu unvergleichlichem Erfolg. Das Museum für Kunst und Gewerbe widmet dem kaiserlich- russischen Hofjuwelier jetzt die bei weitem teuerste internationale Ausstellung seines Bestehens. Vor allem die Prunkeier, die der russische Zar zu Ostern zu verschenken pflegte, kosteten schon damals um zehntausend Goldrubel, heute werden sie mit zweistelligen Millionensummen gehandelt.
Jedes der prachtvoll gestalteten, bis zu dreißig Zentimeter großen Phantasieobjekte enthält außerdem noch eine auf aktuelle Ereignisse bezogene Überraschung. Mal ein Palastmodell oder gar ein goldenes Modell der Transsibirischen Eisenbahn, deren Lokomotive aus Platin mit Diamantscheinwerfern und Rücklichtern aus Rubinen sich mit einem Federmechanismus sogar in Bewegung setzen läßt (Foto). Fabergé-Objekte waren fast immer Geschenke, und so verbreitete sich dessen Ruf von Petersburg aus über die Luxusgesellschaft Europas. Da wir heute mit demokratischem Privatluxus wie Autos und Geschirrspülern die Welt schleichend ruinieren, ist vielleicht auch das dekadente Vergnügen vorstellbar, das die dem Untergang geweihte russische Elite an ihrem delirierenden Luxus hatte. Immerhin erzeugte diese Verschwendergesellschaft künstlerisch qualitätvolle Verfeinerung und Arbeitsplätze – Fabergé beschäftigte in seiner Glanzzeit über 600 Entwerfer, Goldschmiede und Assistenten.
Im ersten Weltkrieg wurden die Produkte des Hauses Fabergé mit Zigarettenetuis aus Kupfer und Handgranaten schlichter – die Ausbeutung der Völker hatte sich zum Völkermorden verschärft. 1918 wurde die Zarenfamilie ermordet, und Fabergé ging ins Exil in die Schweiz, wo er 1920 starb. Seine Kunstwerke wurden vom Sowjetstaat konfisziert oder von Exilrussen in Paris verkauft. Einzig das „St. Georg-Ordens-Ei“ mit zwei Zarenporträts aus dem Jahr 1916 blieb im Fluchtgepäck der Zarinmutter Maria Feodorowna und wurde von den Romanows erst 1961 versteigert. Der neue Besitzer definiert Elite nicht mehr durch Adel, sondern kapitalistisch – die Preziose gehört nun Forbes, einem amerikanischen Wirtschaftsmagazin.
Hajo Schiff
12. April bis 25. Juni, Museum für Kunst und Gewerbe
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