■ Die anderen: "Der Standard", "Basler Zeitung", "La Repubbica", "La Liberte de l'Est" zum Kosovo
Die Kosovo-Albaner können nur von Racheakten abgehalten werden, wenn das UN-Kriegsverbrechertribunal aufgewertet wird, meint „Der Standard“ aus Wien: Wenn man davon ausgeht, daß zehntausend Kosovo-Albaner kaltblütig massakriert worden sind, dann braucht man wenig Phantasie, um sich das Ausmaß an Rachsucht vorzustellen, das die Bereitschaft, sich entwaffnen zu lassen, kaum fördern dürfte. Fatalismus ist freilich trotzdem nicht angebracht. Wenn den Kosovo-Albanern glaubwürdig vermittelt werden kann, daß die internationale Staatengemeinschaft darauf hinarbeitet, Kriegsverbrecher zu bestrafen, dann könnte dies die Leidenschaft, in blutiger Eigenregie Rache zu üben, wenigstens eindämmen. Ein erstes Signal bestünde darin, das am Rande des Zusammenbruchs dahinvegetierende Kriegsverbrechertribunal mit den nötigen Mitteln auszustatten.
Die „Basler Zeitung“ fordert ein Konzept für die Zukunft der gesamten Balkan-Region: Die milliardenschweren Investitionen in den Wiederaufbau machen nur einen Sinn, wenn parallel dazu eine Zivilgesellschaft entsteht, in der die Frage der nationalen Zugehörigkeit in den Hintergrund rückt. Dann gibt es auch Platz und Sicherheit für die serbische Minderheit im Kosovo. Die Aufmerksamkeit muß auch den Nachbarstaaten gelten. Die Kaskade der Kriege auf dem Balkan hat Rumänien, Bulgarien, Albanien oder Makedonien schwer beeinträchtigt. Ein Konzept für die ganze Region muß auch Serbien einbeziehen. Erst wenn sich die zehn Millionen Serben von der Miloevic-Diktatur befreien können, wird der Balkan zur Ruhe kommen.
Zur innenpolitischen Lage von Miloevic meint „La Repubblica“ aus Rom: Miloevic hat den Serben gesagt, sie sollten den Nato-Truppen vertrauen, sie würden bei ihrer Rückkehr in das Kosovo für ihre Sicherheit sorgen; die gleichen Truppen, die er noch vor einigen Tagen als verbrecherische Aggressoren gebrandmarkt hatte. Unter den serbischen Flüchtlingen herrscht dagegen die Auffassung, an dieser ganzen Situation trage Miloevic die Schuld. Aber dennoch ist es schwierig zu sagen, für wen sie stimmen würden, wenn morgen Wahlen wären.
„La Liberté de l'Est“ aus Lothringen meint: Das Kosovo lebt wieder in Frieden. Nehmen wir es als gutes Vorzeichen, aber bleiben wir wachsam. Solange Miloevic die Zügel in Serbien in der Hand hält, ist ein dauerhafter Frieden nicht garantiert.
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