piwik no script img

Die anderen

In der New York Times schreibt Salman Rushdie zum Erfolg der rechtspopulistischen FPÖ: Es reicht nicht, Haiders Triumph als einen Sieg des Bösen über das Gute zu betrachten. Der Erfolg von extremistischen Führern ist unauflöslich mit den Fehlern in dem System verbunden, das sie verdrängen oder wenigstens kontrollieren wollen. Die Diktatur des Schahs von Persien war die Grundlage für die Tyrannei der Ajatollahs. Die träge Korruption des alten säkularen Algerien hat erst zur Islamischen Befreiungsfront geführt. Und die ewige große Koalition in Österreich, diese sich gegenseitig auf die Schulter klopfende und Jobs verschaffende Seilschaft, hat die Wähler derart desillusioniert, dass sie sich Haider zugewandt haben. Die europäischen Zeitschriften sind voll von deftigen Korruptionsgeschichten dieser Tage, und diese Enthüllungen sind ein Geschenk für populistische Demagogen vom Typ eines Haider. Die Sache wird nur noch schlimmer, wenn die politischen Erben des früheren italienischen Premiers Bettino Craxi, der wegen Korruption verurteilt wurde, darüber nur die Achseln zucken und Craxis Schmiergeldfonds für ebenso irrelevant halten wie die von Helmut Kohl oder die von Mitterrand. Je mehr Europa wie eine „große Koalition“ arroganter Führer wirkt, desto mehr Munition liefert es den Haiders.

Das gleiche Thema kommentiert die belgische Tageszeitung De Standaard: Sie hat etwas Schönes und Rührendes, die europaweite Empörung um ein mögliche neue österreichischen Regierung mit der FPÖ von Jörg Haider. Der Mann ist ein platter Populist, der seinen Vorteil aus dem Verschleiß der bisherigen Politik zieht. Muss man um einen solchen Mann und seine Partei so viel Aufhebens machen? Anstatt jetzt schon in den schnellsten Gang zu schalten, hätten die österreichischen EU-Partner besser diskret protestiert und abgewartet, bis wirklich eine Koalition zu Stande gekommen wäre, die man nach ihren konkreten Absichten beurteilen könnte.

Und die deutschsprachige Zeitung Grenz-Echo aus Eupen in Belgien meint dazu: Woher nehmen wir uns eigentlich das Recht, über die Österreicher herzufallen, als seien sie eine Gefahr für die Demokratie? Das, was sich in diesen Tagen auf europäischer Ebene ereignet und von der Regierung in Brüssel mit seltener Entschlossenheit unterstützt wird, ist ein Strafgericht über ein Land, das zur Europäischen Union gehört wie alle anderen, die sich dort wohl fühlen. So wie aber die Österreicher insgesamt inzwischen in die rechteste Ecke gedrückt werden, könnten wir erreichen, dass am Ende wirklich die unbelehrbaren Rechtspopulisten noch stärker werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen