Die Wochenvorschau von Raweel Nasir: Böller, Schleier, Akten – aber nichts zum Streicheln
Die Böller-Debatte ist fast schon wieder vergessen, am Montag wird sie noch mal aufgewärmt: Der Innenausschuss des Abgeordnetenhauses befasst sich mit den Ereignissen in der Silvesternacht. Dass die Jahresendfeier in Berlin eskaliert, ist nichts Besonderes, diesmal hatten die Ereignisse aber (schon wieder) neue Dimensionen – auch durch die vielen Kugelbomben, von denen eine ein Haus in Schöneberg zeitweilig unbewohnbar machte. Ein Skandal kommt hinzu: Ein Polizeibeamter hat die Liste der an Silvester festgenommenen Täter:innen dem rechten Portal Nius zugesteckt.
Am Mittwoch wird vor dem Verwaltungsgericht die Klage einer Frau verhandelt, die aus religiösen Gründen mit Gesichtsschleier Auto fahren möchte. Die Straßenverkehrsbehörde verwehrt ihr das, sie sieht sich in ihrem Grundrecht auf Religionsfreiheit verletzt. Ein ähnlicher Fall kam im vergangenen August in Rheinland-Pfalz vor Gericht – dieses verbot das Tragen eines Nikabs am Lenkrad.
Am selben Tag wird zum 35. Mal an den Sturm auf die Stasi-Zentrale erinnert: Am 15. Januar 1990 drangen Tausende Demonstrant:innen in den Hauptsitz des Ministeriums für Staatssicherheit in Lichtenberg ein. Es kam zu tumultartigen Szenen, bei denen Möbel und Akten aus den Fenstern flogen. Der Geheimdienst war am Ende.
Und noch ein Gerichtsprozess, der für Aufmerksamkeit sorgen dürfte: Am Donnerstag wird vor dem Landgericht Anklage gegen die ehemalige Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) und den Inhaber einer Werbeagentur erhoben. Ihm wird Bestechung vorgeworfen, der Ex-Senatorin Bestechlichkeit. Laut Staatsanwaltschaft sollen die beiden 2019 vereinbart haben, dass die Agentur die Organisation von Kalaycis Hochzeitsfeier übernimmt. Die entsprechenden Leistungen wurden jedoch angeblich nie in Rechnung gestellt – stattdessen soll Kalaycis Verwaltung der Firma später den Auftrag einer Werbekampagne für Nachwuchskräfte in der Pflege erteilt haben.
Ungewöhnlich unfluffig geht es dieses Jahr auf der Internationalen Grünen Woche zu, die am Freitag für eine Woche ihre Tore auf dem Messegelände öffnet: Wegen des Ausbruchs der Maul-und-Klauen-Seuche in Brandenburg werden keine Rinder, Schafe und Ziegen gezeigt, aber auch Alpakas müssen leider draußen bleiben.
Am Samstag startet dann um 12 Uhr vor dem Bundeskanzleramt die auch schon traditionelle Demonstration „Wir haben Agrarindustrie satt“. Die kritischen Biobäuer:innen, Umwelt- und Klimaschützer:innen haben viele Fragen: „Wer profitiert von Klimakrise, Artensterben und dem Verlust fruchtbarer Böden? Wer hat ein Interesse an billigen Agrarrohstoffen und am Höfesterben? Wer verdient an globaler Ungerechtigkeit, Ernährungsarmut, Patenten und Hunger?“ (Kleiner Tipp: Die Antwort ist im Motto der Demo versteckt.)
Am Sonntag dann geht der „Flinta* March 2025“ für feministische Politik auf die Straße. Die „Feministische Zentraldemo“ startet um 12 Uhr am Brandenburger Tor und bezieht sich in diesem Jahr stark auf die bevorstehende zweite Amtszeit von US-Präsident Donald Trump. Forderungen sind Schutz und Ausbau des Rechts auf Abtreibung, Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt und der Schutz von trans*-Rechten.
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