Die Wochenvorschau für Berlin: Auf geht’s, ihr Politikverdrossenen!

Wen die Politik der etablierten Parteien nicht anspricht, bekommt mögliche Alternativen serviert. Und vielleicht noch mehr Hass auf Ferienwohnungsvermieter.

Wahlurne

Bald wird gewählt! Foto: dpa

Wir erreichen in dieser Woche eine historische Zahl: Am Freitag sind es nur noch 100 Tage bis zur Abgeordnetenhauswahl. Am Abend des 18. September könnte feststehen, dass diese Stadt eine andere geworden ist (wenn zum Beispiel die AfD mit 15 Prozent im Parlament sitzt); oder dass alles so bleibt wie in den vergangenen fünf politisch eher drögen Jahren (wenn es mit der „Großen“ Koalition weitergehen könnte). Aber nicht, dass Sie jetzt meinen, wir seien hier politikverdrossen. Nein, tatsächlich freuen wir taz-RedakteurInnen uns auf die kommenden dreieindrittel Monate.

Falls hingegen Sie so ein bisschen der etablierten Politik über sind, dann sollten Sie am Montag sehr genau hinschauen, welche Parteien der Landeswahlausschuss für die Wahl zulässt. Denn neben den vier, fünf oder sechs – je nach Sichtweise – arrivierten Parteien gibt es ja noch einige spannende Nischentruppen. 36 politische Vereinigungen hatten sich bis zum Stichtag Mitte Mai angemeldet, darunter auch die FDP, die NPD, die ÖDP und auch die Satirepartei „Die Partei“.

Bei 14 von ihnen – und keine der oben genannten – muss allerdings zunächst festgestellt werden, ob sie eine Partei im Sinne des Parteiengesetzes darstellen, ob sie also die korrekte Struktur aufweisen und politisch tätig sind, etwa mit Veranstaltungen oder Mitteilungen. Das gilt vor allem für recht skurrile Gruppen wie die Allianz für Menschenrechte, Tier- und Naturschutz, die Transhumane Partei Deutschlands und die Grauen Panther (ja, die scheint es noch zu geben).

Ganz nebenbei: In der vergangenen Woche haben wir an dieser Stelle festgestellt, dass es an Synonymen für den Begriff „Fahrrad“ mangelt. Wie sich zeigt, gilt dies auch für Partei. Da könnte „Die Partei“ doch mal was dran ändern!

Falls Sie vielleicht politikverdrossen geworden sind, weil Ihre Wohnung in Ihrem – eigentlichen – Mietshaus die einzige ist, die nicht an Touristen vermietet wird und Sie jeden Morgen die bisweilen unangenehmen Hinterlassenschaften der Partypeople im Hausflur wegräumen, sollten Sie am Mittwoch auf die Verhandlung des Verwaltungsgerichts blicken. Das beschäftigt sich mit den ersten Klagen von Vermietern von Ferienwohnungen, die seit Anfang Mai de facto illegal sind. Es könnte durchaus sein, dass das dafür erstellte Zweckentfremdungsverbotsgesetz nicht in allen Teilen diesen Mittwoch übersteht – was den Politikverdruss noch steigern würde.

Und falls Ihnen auf die Nerven geht, dass hauptsächlich der Bundestag mitten in Berlin ein Schloss baut – welch Anachronismus! –, können Sie Mut beweisen und am Samstag den künftigen Schlossherren die Meinung sagen. Dann ist auf dem Gelände des künftigen Humboldt-Forums wieder Tag der offenen Baustelle mit vermutlich Zehntausenden Berlinern. Und man kann nur hoffen, dass sie gar nicht mal so sehr wegen des Schlosses kommen, sondern weil sie einfach nur Sehnsucht haben nach einer Baustelle, die bald fertig wird – um nicht total politikverdrossen zu werden.

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