Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Franz Müntefering ist weder Platzhirsch noch Königsmörder. Er ist der Spitzensozialdemokrat.

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?

Friedrich Küppersbusch: Wurde hinter der Kölner Zoobrücke polizeilich rausgewunken, weil "der Kollege per Funk gemeldet hat, Sie hätten während der Fahrt auf Ihr Handy geguckt".

Was wird besser in dieser?

Kölner Polizei geht dazu über, sich Knöllchen-Anlässe gleich zu Hause auszudenken oder gegen Aufpreis Verkehrskontrollen telefonisch durchzuführen. Natürlich nicht während der Fahrt.

Franz Müntefering ist zurück auf der politischen Bühne. Aufstiegshoffnung für die SPD?

Das glaubt offenbar Frank-Walter Steinmeier, und er weiß auch, wie man es verhindert: mit sich. Müntefering ist der Spitzensozi, dem nachgewiesenermaßen der unbedingte Wille zur Macht abgeht. Der Loyalismus, der mit sich um programmliche Fragen rang, während Schröder sein Selbstmordattentat auf die SPD durchzog. Münte ist weder Platzhirsch noch Königsmörder, wer ihn hat, hat die SPD. Die braucht derzeit keine "Wer will noch mal, wer hat noch nicht"- Führung, sondern eine inhaltliche Selbstfindung. Dafür wäre Münte der richtige Mann. Wenn vor der Wahl noch Zeit wäre.

Ist Frank-Walter Steinmeier ein wünschenswerter Kanzler?

Steinmeier hat durchgesetzt, dass er gegen Merkel verlieren darf. Das ist gut, so bleiben Kandidaten mit Perspektive unbeschädigt. Steinmeier ist ein klares Angebot an die Linkspartei, sich auch künftig ungefähr ein Drittel des SPD-Erbes anzumaßen. Die graue Eminenz aus Schröders Kanzleramt steht für Agenda, für CIA-Machenschaften und für die krass russophobe Außenpolitik Merkels. In einer gefühlten Brandt-SPD wäre er rechter Rand. Nun kann Merkel heiter-gelassen die Gangart in der Außenpolitik verschärfen, und schon zerfleischen einander Frank und Walter.

Cem Özdemir wird Grünen-Chef. Gut so?

Habe nie verstanden, warum Özdemir die Nähe des skandalösen PR-Taliban Hunzinger suchte und an dessen Honoraren sich beschmutzte. Schließlich kann in Sachen PR jeder noch was von Özdemir lernen. Er ist mediengewandt, recht jung, personifiziert gelungene Integration und hat sich bei kaum einem Streitthema je bei einer Meinung erwischen lassen. Und schließlich: Gerade weil die Linkspartei auf ihre Talk-Heroen Gysi und Oskar setzt, kann sie das nicht wechseln. Schade, dass die Wahl sich nicht am Migrationsthema entscheiden wird.

Flüchtlingsfamilien ohne Asylstatus haben nach einer Gerichtsentscheidung keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis, wenn ihre Kinder regelmäßig die Schule schwänzen. Gemeiner Staat?

Äh. Moment. Heißt das, da ist jemand vor Gericht gezogen und hat geklagt "Die Kinder waren nicht in der Schule, und die Eltern sind nur Flüchtlinge, und jetzt schmeißt sie raus!" Das enthielte: 1. Überwachung (Stasi, Blockwart), 2. Sippenhaft (Nazi-Justiz) 3. und vor allem: einen Denunzianten (Arschloch). Wer zum Teufel erhebt solche Anklage überhaupt? Oder ist Bild jetzt Verfassungsorgan?

Seit Samstag finden in Peking die Paralympischen Spiele statt. Warum werden diese immer noch so wenig beachtet?

Die beinamputierte Schwimmerin, die an beiden Spielen teilnimmt - von ihr hat fast jeder gelesen oder gehört. Auch Köhlers schlechtes Benehmen, demonstrativ nur die Paralympics zu besuchen, hat hier ihr unverhofft Gutes. Nein, ich finde sie werden mehr und mehr angemessener beachtet.

Bild und Sat.1 wettern seit Wochen gegen Sozialschmarotzer. Was soll das?

Sat.1 sucht am Mittwochabend ein Mittel gegen unseren grandiosen Schuldnerberater bei RTL: Peter Zwegat, der mit einigem Recht von sich sagt, dass er den just untergegangenen Sozialstaat verkörpert. "Türken kassieren hier Stütze und bauen in Anatolien davon Villen", dieser Sat.1-Plot klingt wie "Doku, bis die NPD jubelt". Es ist immer schön, wenn man die Konkurrenz auch moralisch missbilligen kann. Bild bedient antisoziale Reflexe nicht seit Wochen, sondern seit Gründung.

Bei wem sind unsere persönlichen Daten eigentlich sicher?

Ich mache keine Bankgeschäfte im Netz und kaufe online nichts. Was sich daran in den letzten Jahren geändert hat, ist: Ich werde immer weniger belächelt dafür.

In Berlin wurden die ersten Elektro-Auto-Tankstellen eingerichtet - die Zukunft?

Meine nicht.

Kann es überhaupt so etwas geben wie ein "Endlager" für Atommüll?

Für Leute, die 300.000 Jahre alt werden, ja.

Bei wem sind unsere persönlichen Daten eigentlich noch sicher?

Ich mache keine Bankgeschäfts im Netz und kaufe online nichts. Was sich daran in den letzten Jahren geändert hat, ist - ich werde immer weniger belächelt dafür.

Oliver Kahn hat das Fußballfeld verlassen. Ein Verlust?

Seine große Stunde war die kameradschaftliche Haltung, mit der er Lehmanns WM-Einsätze hinnahm. Sonst und bis dahin fand ich sein Image: unangenehm fanatischer Schläger und Proll.

Nun arbeitet Kahn demnächst als Sportexperte neben Johannes B. Kerner im ZDF. An- oder ausschalten?

Einige meiner Fußballfreunde sagen, neben Johannes B. Kerner wäre ein Schirmständer ein Sportexperte. Eine faire Chance für Kahn. Ich persönlich mochte Kloppo, deswegen haben wir den ja auch gekauft.

WM- und Bundesligaspiele sollen von einer malayischen Wettmafia "verschoben" worden sein. Ein Wunder?

Keine Ahnung, die in Rede stehenden Fälle waren von deutschen Gerichten mangels Indizien nicht geahndet worden - und ich weiß überraschenderweise noch weniger.

Ist Borussia Dortmund auf dem Weg in die Champions League?

Sowieso, immer und stets zu Recht.

FRAGEN: CAK, FRA

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.