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Die WocheWie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Europa schmiert ab, Hugh Hefner rettet Griechinnenland, Bayern stört nicht weiter und in NRW reagiert bald eine Große Koalition.

Interview von

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?

Friedrich Küppersbusch: Na ja … Schalke.

Was wird besser in dieser?

Neuer letzter Kommissar-Wallander-Roman da!

Nach Griechenland droht nun auch Portugal die Staatspleite. Ist Europa noch zu retten?

Der reale Sozialismus, also ein Staat, der die Wirtschaft ausplündert, ist gescheitert. Nun scheitert der Kapitalismus hinterher: eine Wirtschaft, die den Staat ausplündert. So what? Solange die ewig gleiche Antwort heißt : "Sozialausgaben kürzen, Renten runter, Arbeitslose abstrafen" - ist mir eigentlich schön egal, welche Frage es diesmal war. Ein Europa, in dem Geld und Waren jeden Schutz, Freizügigkeit, Unantastbarkeit genießen um den Preis, dass alles andere abschmiert: Warum sollte man es retten? Bald wird Italien Geld brauchen, und wenn ich dann Steuern zahle, um den Warm-Duce Berlusconi durchzufüttern, ist Europa alle bei mir. Ohne Sozialverfassung bleibt Europa ein neoliberaler Themenpark, den nach Feierabend immer jemand aufräumen muss.

Müssen wir uns vor Ratingagenturen fürchten?

Nee, vor den Irren, die dran glauben. Sie beziehen ihre Macht ja von den Staaten, die über Rating-bewertete Anleihen ihre Schuldenhaushalte beatmen. Sie können auch niemanden verhaften, weil er "alles auf Uschi im dritten Rennen" flüstert. Man muss den packen, der auf so was zockt.

Bild: taz
Im Interview: 

Friedrich Küppersbusch ist Fernsehproduzent und wird von der taz jede Woche zum Zustand der Welt befragt.

Hugh Hefner rettet den Hollywood-Schriftzug. Und als Nächstes?

Griechinnenland?

Sollten wir ihm dankbar sein?

Ich dachte, er zahlt, um in "-wood" die beiden Os vergrößern zu lassen.

Regierungssprecher Ulrich Wilhelm soll BR-Intendant werden. Wie war das noch gleich mit der Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks?

Klaus Bölling war kein schlechter Regierungssprecher und Politiker, weil er von WDR und Radio Bremen kam; Günter Gaus wurde eine verdienstvoller Politiker nach und während einer Karriere bei Spiegel, SZ, ZDF und anderen. Friedhelm Ost taugte trotz ZDF-Vorstrafe wenig als Kohls Sprecher und der frühere Brandt-Sprecher Struve präsidierte die ARD in die Belanglosigkeit. Möge Herr Wilhelm zur besseren dieser Fraktionen aufschließen. - Grundsätzlich isses auch ein bisschen albern, die Parteien des Durchregierens zu zeihen, solange viele Macher ihnen dabei vorauseilend helfen. Und die "Grauen", gesellschaftliche Gruppen von Landfrauen bis Gewerkschaften auch. Der Rundfunkrat, der IntendantInnen wählt, soll einen Querschnitt der Bevölkerung abbilden, beherbergt jedoch die 5-Prozent-Minderheit an Seltsamen, die sich noch gesellschaftlich herkömmlich engagieren. Und das Wohlwollen einer Partei genießen. Denen kann man kaum übel nehmen, dass sie es sich gemütlich machen dort.

Wer wird sein Nachfolger in Berlin? Peter Hahne?

Ich habe nie verstanden, wie man den Journalisten-Beruf "Nichts als die Wahrheit" und den Sprecher-Job "Alles außer der Wahrheit" so übergangsfrei in sich vereinen kann. Können manche. Bölling erzählt, in bedrängter Lage seinen Chef Brandt gefragt zu haben "Was soll ich der Presse jetzt bloß sagen?" Und Brandt riet: "Wie wärs mit der Wahrheit?!" - Merkel wird farblos nachbesetzen, ihr ist Funktionieren wichtiger als Gefallen, darin ist sie zu schlau.

Ulla Kock am Brink darf wieder ins deutsche Fernsehen. Müssen wir uns Sorgen machen?

Erster großer Hieb des neuen deutschen Ablegers der Produktionsfirma "Shine", die Elisabeth Murdoch gehört und ordentlich gute Leute eingekauft hat.

Alle schwärmen von FDP-Generalsekretär Christian Lindner. Und Sie?

Westerwelle versammelt Rookies und heimelige Veteranen um sich. Wer sollte sich vorwagen, wenn sich etwa nach der NRW-Wahl die Frage stellt …

Wie lange kann sich Westerwelle noch halten?

… eben. Kubicki ist unberechenbar, Rösler zu grün, Brüderle zu alt und Leutheusser zu anständig. Gerhardt abgeräumt, Niebel zu unpopulär, Pinkwart dann beschädigt. Der organisierte Liberalismus ist eine Ein-Mann-Sekte, und so sehen die Wahlergebnisse der Grünen ja auch aus.

Zuerst hieß es, Hannelore Kraft hätte keine Chance, Jürgen Rüttgers in NRW zu beerben - jetzt soll sie doch eine haben. Was denn nun?

Jein, beides. Große Koalition in Düsseldorf. Wetten?

Der FC Bayern steht im Finale der Champions League. Warum?

Da stört er nicht weiter.

Deutscher Meister sind die Bayern schon. Schlimm?

Immer wenn ich versuche "Tut mir leid, Schalke" zu denken, muss ich lächeln.

Und was macht Borussia Dortmund?

Saisonbilanz : 1,3 Mio Heimspielbesucher, macht 76.660 pro Spiel. FDP oder Die Grünen haben weniger Mitglieder.

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3 Kommentare

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  • A
    alcibiades

    warm-duce... muhahaha....

  • R
    Reinhold

    Danke für den merkenswerten Satz:

     

    "Der reale Sozialismus, also ein Staat, der die Wirtschaft ausplündert, ist gescheitert. Nun scheitert der Kapitalismus hinterher: eine Wirtschaft, die den Staat ausplündert."

  • J
    joHnny

    werter herr küppersbusch,

    um das kommende wochenende sind Sie zu beneiden - NRW-highlights ohne ende... am samstag haben die schwarz-gelben von borussia ihr letztes saisonspiel und am wahlsonntag dieselben vom düsseldorfer klüngel hoffentlich auch. außerdem: Muttertag! viel spaß und glück auf PS: der k-offenbarungseid - 1 300 000 - war wirklich nicht nötig; es gibt halt nichts schöneres bzw. anderes als das runde mit schwarz-gelb plus kloppsche interpretation des passiven abseits (spielfluß...). warum die bvb-aktienfans damals kein größeres stadion gebaut haben, weiß ich nicht - niebaum hatte vom fußball doch genau so viel ahnung wie watzke!...