Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Bald herrscht Schurkenmangel und Bundeskanzlerin Angela Merkel versucht es mit Bevormundungen.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Nato tötet 14 Zivilisten, Taliban bomben hochrangige afghanische und deutsche Funktionäre: Ab wann würde man einen Friedenseinsatz für gescheitert erklären?
Was wird besser in dieser?
Mit dem Urteil wird das mediale Kachelmann-Fieber ab dieser Woche abklingen.
Zugunsten einer langfristigen Integration in den Arbeitsmarkt sollen Existenzgründer und Ein-Euro-Jobber weitere Einschnitte verkraften. Ist das sinnvoll?
Nein, dank der Ein-Euro-Jobs landeten zwei Drittel der staatlichen Förderungen in den Verwaltungen, die die Hilfsarbeiten organisierten. Eine graue Zuhälterbranche, um die es mir nicht so Leid tut. Dahinter sollen auch Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und Existenzgründungshilfen gemindert werden. Von der Leyen spart 8 Milliarden an Wehrlosen, und die FDP fordert Steuersenkungen für Besserverdienende. Jetzt langweilt das langsam.
Das Bundeskartellamt hat aufgedeckt: Das Tankstellengeschäft ist ein Oligopol. Was tun?
Na, von der Überraschung müssen wir uns aber erst mal erholen bei einem guten Schluck Jahrgangsdiesel. Ich rechne mit weiteren Erkenntnissen des Landwirtschaftsministeriums ("Regen eher vorteilhaft ab und zu") und der Medienaufsicht ("Der eine liest, der andere Zeitung"). Die Nachricht hinter der Nachricht hieß: Das Kartellamt "hat keine Hinweise auf illegale Absprachen", und das nehmen Verbraucher als Versagen und Ohnmacht der Behörden wahr.
FRIEDRICH KÜPPERSBUSCH ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt.
Die EU einigt sich zwar auf Stresstests für Atomkraftwerke, aber wichtige, einheitliche Sicherheitsstandards gibt es immer noch nicht. Hat die EU überhaupt irgendein Konzept?
Gestern wollte Frau Merkel die AKWs in alle Ewigkeit verlängern, heute alle Nachbarn zum Ausstieg bevormunden. Sie macht den atomkritischen Standpunkt lächerlich. Viele europäische Nachbarn setzen auf den Ausbau der Atomindustrie. Die Zerfallszeit der Überzeugungen dieser Bundesregierung misst sich in Sekunden, und das überzeugt niemanden. Wollte sie das Ding ernsthaft durchziehen, müsste sie den Koalitionspartner wechseln. Vielleicht gehts darum.
Die französische Finanzministerin Christine Lagarde bewirbt sich um den IWF-Vorsitz. Wird sies oder wird sies nicht?
Ihr genügen die Stimmen der Europäer, der USA und Japans, und die scheint sie zu haben. Derzeit läuft noch ein Untersuchungsverfahren, weil sie den schillernden Unternehmer Bernard Tapie - inzwischen Sarkozy-Unterstützer - bei einem 385-Mio-Deal begünstigt haben soll. Zwei Handicaps für sie gegenüber den sogenannten Schwellenländern, denen die Gouvernante IWF eh auf die Nerven geht.
Der serbische Kriegsverbrecher und Exgeneral Ratko Mladic wurde festgenommen. Wird jetzt alles gut?
Jein. Saddam Hussein, Osama, Mladic, ein Rudel arabischer Despoten - ohne Gaddafi herrscht bald Schurkenmangel. Man hört leise die Uhr ticken, bis wann sich die Paranoiker der westlichen Welt auf einen neuen Gottseibeiuns geeinigt haben. In der Regel genügt es dazu, die Liste der Irren durchzugehen, die man heute zu guten Freunden und Militärhilfeempfängern zählt. Außer Konkurrenz: Irans Ahmadinedschad.
Die Hamburg Mannheimer hat für ihre besten Versicherungsvertreter eine Sexpartyreise nach Budapest organisiert. Sind Escort-Mädels eigentlich eine angemessene Mitarbeiterbelohnung?
Früher kam in Humbug-Mülleimer-TV-Spots der graumelierte Herr Kaiser, wurde von allen Passanten gegrüßt und strunzte "Sehen Sie, man kennt uns!" Die Urszene davon spielte offenbar in einem Bordell. Die aktuelle Kampagne macht einen auf kritischen Verbraucher ("Wann hört ihr endlich auf, uns zu verunsichern?") und wirkt jetzt wie eine clevere Absage an die ganze Versicherungsbranche. Die werden sich freuen. Wie zum Teufel motivieren die eigentlich ihre weiblichen Führungskräfte?
Alle haben eine Meinung zu Lady Gagas neuem Album. Sie auch?
Lady Gaga verhält sich zu Madonna wie Cem Özdemir zum frühen Joschka Fischer. Nur dass Özdemir nie Kirmesmusik gemacht hat.
Und was machen die Borussen?
Ex-BVB-Präsident Niebaum sieht sich einem Verfahren zum Entzug der Anwaltszulassung gegenüber; den Notar hat er schon abgegeben, und ein Mitarbeiter klagt auf ausstehende Gehälter. Früher mussten die Clubs sich um frei fallende Exprofis kümmern, bald auch um Expräsidenten.
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