Die Wahrheit: Nordlinge im Süden

Norwegen-Woche der Wahrheit: Was einen auf dem südwestlichsten Zipfel der Kanaren an einem sonnigen Januartag erwartet? Norweger!

Was ist das Gegenteil von Norwegen? Richtig: Gran Canaria. Um genau zu sein, ein Fleck sehr weit unten im Süden der kanarischen Insel, westlich von Maspalomas, dem südlichsten Punkt, an dem ich je war, kurz vor dem Ende der Scheibe, die die Erde bekanntlich ist. Dort, irgendwo zwischen den Bergen und der Steilküste geklemmt, liegt Puerto de Mogán, ein kleiner, beschaulicher Hafen, der nicht umsonst wie ein portugiesischer Seefahrer aus dem 16. Jahrhundert heißt und um den herum mit der Zeit ein sommerlich anmutendes Touristendorf gebaut wurde. Sommerlich auch im Winter, selbstredend, denn wir sind schließlich auf Höhe der Sahara, im tropischen Klima.

Es ist also schön warm da, und es gibt keine Elche und kein Öl. Niemand trägt Wollmützen oder Handschuhe oder gar fiese deutsche Outdoor-Klamotten – mit Ausnahme der Deutschen natürlich. Es gibt keine Fjorde, sondern tiefe Schluchten auf der vulkanischen Insel, die so etwas wie Straßenbau sehr schwer machen, weswegen vor Puerto de Mogán mit der ausgebauten Autobahn, die durch mindestens 25 Tunnel und über 20 Brücken führt, tatsächlich Schluss ist. Jenseits von Mogán ist nichts. Nur Steilwand.

Fernsehempfang gibt es aber trotzdem dort am Hafen, und tatsächlich waren an jenem gewöhnlichen 25. Januar, an dem wir mit einem Leihwagen die Strecke heruntergefahren waren von Las Palmas aus, die Bars und Cafés am Platze gerammelt voll mit Menschen, die sich einem Public Viewing hingaben. Aber warum? Was fand so Spektakuläres statt an diesem gewöhnlichen Januartag? Und warum war alles voller Norweger?

Wir überlegten: ein Fußballspiel, von dem wir nichts wussten? Irgendein obskurer Schlagerwettbewerb? Nein, die Lösung war einfacher – die in gewöhnlichen Badesachen gekleideten Menschen, Männer und Frauen ab 45 in ausladenden Bermudashorts, labbrigen T-Shirts, mit Sonnenhüten und Flipflops, sahen sich ein Handballspiel an. Nochmal, was bitte? Ja, richtig, ein Handballspiel.

Ferienhaushohe Niederlage für die Deutschen

Zur Verteidigung dieser seltsamen Herrschaften – einige hatten rot-blau-karierte Trikots an, eine gemischtgeschlechtliche Kleingruppe sogar Baseballcaps, aus denen Wikinger-Hörner ragten – sei gesagt: Es war ein immens wichtiges Handballspiel. Es ging um nichts weniger als die Weltmeisterschaft. Korrekt gesagt, war es eine Halbfinale, und das Spiel fand sogar unter deutscher Beteiligung statt. Und die Norweger, die sich daheim, wenn nicht auf Schiffen oder Skiern, bevorzugt in Hallen aufhielten, war eine Handballnation, die es erstmals so weit geschafft hatte.

Interessierte uns trotzdem nicht weiter. Norwegen gewann ferienhaushoch, verlor dann aber das Finale. Die Deutschen trollten sich oder sprangen, so wie wir, lieber ins Meer. Schließlich war es schön warm an diesem 25. Januar. Sogar die Wassertemperatur lag bei 20 Grad.

Die Wahrheit auf taz.de

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

schreibt für die taz gern über Sport, Theater, Musik, Alltag, manchmal auch Politik, oft auch Literatur, und schreibt letzteres auch gern einmal selbst.

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.