Die Wahrheit: Haggis mit Rheuma
Aus den Innereien ihrer Nationalspeise wollen die Schotten das Fundament für den Schoxit bauen – den Austritt Schottlands aus Großbritannien.
D er lange Abschied hat begonnen. Die Schotten planen nach dem Brexit ein neues Referendum, um in der Europäischen Union zu bleiben und sich aus dem Vereinigten Königreich auszuklinken – Schoxit. Das wirtschaftliche Überleben soll durch Whisky und Öl gesichert werden. Da das Nordseeöl aber langsam zur Neige geht, will man nun auf den Haggis-Export setzen.
Haggis ist das schottische Nationalgericht, es besteht aus allerlei Innereien, die mit Hafermehl vermischt im Schafsmagen gekocht werden. Der Nationaldichter Robert Burns hat eine Ode an den Haggis verfasst, und es gibt auch mehrere recht einfältige Haggis-Songs. Aber das Zeug soll ja nicht gesungen, sondern im Ausland verzehrt werden.
Das ist jedoch nicht so einfach. In den USA, dem lukrativsten Markt, ist die Einfuhr verboten, weil Haggis als ungenießbar gilt. Deshalb hat die schottische Regierung den US-Schauspieler Kyle MacLachlan angeheuert, der mit Serien wie „Twin Peaks“, „Sex in the City“ und „Desperate Housewives“ bekannt geworden ist.
Er hat die US-Behörden aufgefordert, das Importverbot für Haggis aufzuheben. Er liebe Schottland, seit er in den achtziger Jahren zum ersten Mal dort war: „Ich mietete einen Kleinwagen in Glasgow, fuhr in Richtung Norden und fand eine alte Burg.“ Er liebe auch Haggis, beteuerte er. Seine Glaubwürdigkeit litt jedoch, als bekannt wurde, dass er schottisches Essen einmal als „Mutprobe“ bezeichnet hatte.
MacLachlan hat zwei Hunde, einen Jack Russell und einen Chihuahua. Die Tiere sollte er besser nicht nach Schottland mitnehmen. Wie die US-Zeitschrift Weekly World News berichtete, ist es bei dem jährlichen Haggis-Wettessen in Glasgow zu einem Unfall gekommen. Dem betrunkenen Maurer Magnus Boyd war etwas Haggis auf den Boden gefallen, und als er die Krümel aufklaubte, griff er dabei versehentlich einen Chihuahua-Welpen und fraß ihn auf.
Die Zeitschrift erklärte ihren Lesern, dass Trunkenheit in Schottland als Grund für mildernde Umstände gelte, selbst bei Hochverrat, Schafdiebstahl und Misshandlung der Ehefrau. Der Anwalt der Hundebesitzer sieht das anders: „Ich nehme an, dass ein Chihuahua ähnlich schmeckt wie Haggis, aber das ist keine Entschuldigung“, sagte er.
Haggis genießt in den USA einen so schlechten Ruf, dass selbst die Aufhebung des Importverbots der Mahlzeit nicht zum Durchbruch verhelfen würde. In einer Horrorserie heißt die kürbisköpfige Hexe Haggis, und ein Privatsender für Horrorfilme nennt sich „Daily Haggis“. Harmloser ist die an Hägar den Schrecklichen angelehnte Comicfigur Haggis der Schreckliche. Und es gibt ein Märchen, das an Rotkäppchen erinnert, aber ohne Wolf, dafür mit einem furchtbaren Haggis, der Rheuma hat.
Ein Ami, der zum ersten Mal Haggis gegessen hatte, soll danach gesagt haben: „Zuerst glaubte ich, dass ich in Kuhdung gebissen hätte. Dann wünschte ich mir, es wäre so gewesen.“
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