Die Wahrheit: Enthemmte Wortklauberei

Großbritanniens Scrabble-Amateure jubeln. Ab sofort dürfen sie das Wort "Qin" legen, was dem Buchstaben "Q" endlich den Schrecken nimmt. ...

... Bisher hatte ein Spieler, der diesen Buchstaben zog, ziemlich große Probleme, denn ein "Q" benötigte stets ein "U", und das ist rar. Nun aber hat "Collins Official Scrabble Words Book", die Bibel für Scrabble-Spieler, 3.000 neue Wörter aufgenommen. Und was in diesem Buch steht, ist Gesetz. Qin ist übrigens ein chinesisches Musikinstrument. Und mit "Fiqh", eine Erweiterung der Scharia, gibt es nun ein weiteres Wort mit "Q" ohne "U".

Endlich darf man auch leckere indische Speisen wie Keema und Alu legen. Und Tikka sowieso. Bisher machte man mir immer Schwierigkeiten, wenn ich dieses Wort legte, obwohl alle in der Spielrunde das Gericht im Restaurant schon mal bestellt hatten. Aber es stand eben nicht im Collins, und dann güldet es nicht. "Güldet" hat man mir ebenfalls nicht durchgehen lassen, weil das Slang sei.

Zum Entsetzen der Traditionalisten sind Slang-Worte im englischen Scrabble nun zugelassen: "innit" statt "isnt it", "thang" statt "thing" und "grrl" statt "girl". Letzteres verdanken wir den "Riot Grrls", einer großartigen Mädchen-Punkband aus den achtziger Jahren. All das bringt aber wenig Punkte. Richtig absahnen kann man ab jetzt mit Internetbegriffen wie "Webzine". Dafür gibt es 21 Punkte.

Für Scrabble-Muffel kurz die Regeln: Zwei bis vier Spieler ziehen jeweils sieben Buchstaben, die je nach Häufigkeit verschiedene Werte haben, und müssen damit Wörter legen, wobei sie Bonusfelder auf dem Spielbrett nutzen können. Eine Urform von Scrabble gab es bereits 1931. Inzwischen ist das Spiel in 29 Sprachen übersetzt und mehr als 100 Millionen Mal verkauft worden.

Natürlich spielt der Engländer auch Meisterschaften aus, denn er liebt Ranglisten und sortiert die Menschen von Gewichthebern über Lehrer bis hin zu Ärzten gerne in solchen Erfolgstabellen. Jean Gallacher, Scrabble-Meisterin aus dem schottischen Inverness, ist nicht entzückt über die neuen Wörter: "Ich hasse Slang. Es gibt viel zu viel Slang in der englischen Sprache. Man muss sich nur mal anhören, wie die jungen Leute reden!" Mark Nyman aus Cheshire, der Scrabble-Meister von 1993, freut sich hingegen darüber: "Wenn Wörter häufig benutzt werden, ist es sinnvoll, sie ins Referenzbuch aufzunehmen."

Das haben wir bereits Mitte der siebziger Jahre getan, als ich in Belfast lebte. Die wöchentliche Scrabble-Runde beim inzwischen verstorbenen Schriftsteller John McGuffin hatte beschlossen, die doppelte Punktzahl für schmutzige Wörter zu vergeben. Nachdem ich dank dieser Regel zweimal hintereinander gewonnen hatte, bekam ich den Spitznamen "Clever Hun". Allerdings verlor ich ihn schon bald wieder, weil ich nach einem riskanten Überholmanöver auf dem Weg zu unserer Stammkneipe dem anderen Fahrer den Stinkefinger gezeigt hatte, als er wütend hupte. Es war ein Polizist in Uniform, der mit seinem Privatwagen unterwegs war. An diesem Abend bekam keiner von uns ein Bier.

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kari

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