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Die WahrheitVerirrt in der Vorstadt

Kolumne
von Michael Sailer

Schwabinger Krawall: Der Jackie wollte nur nachschauen, ob das Notfallkondom noch in seinem Geldbeutel ist ...

D er Jackie wollte nur nachschauen, ob das Notfallkondom noch in seinem Geldbeutel ist, weil die Schwarzhaarige neben dem Geldspielautomaten so neugierig geschaut hat und man ja nie weiß. Dabei hat er gemerkt, dass er seinen Geldbeutel gar nicht dabei hat. Wie der Kellner gefragt hat, ob er noch ein Bier wolle, hat er gesagt, dass er überlegen muss, und wollte den Hubsi anrufen, damit ihn der aus diesem komischen Stehausschank rettet, von dem er nicht mehr gewusst hat, wie und warum er da gelandet ist.

Sein Telefon war jedoch ebenfalls weg, genau wie der Autoschlüssel, und weil ihm nicht mehr eingefallen ist, wo sein Auto steht und in welchem Viertel er ist, hat er gebrüllt, dass sich die Drecksau, die seine Sachen geklaut hat, augenblicklich stellen solle. Da war in dem schummerigen Lokal Totenstille, dann hat der Wirt gefragt, ob ihm der Hut brenne. In dem Moment ist eine Blondine in etwas mittlerem Alter hereingekommen und ihm um den Hals gefallen und hat geheult, sie sei so froh, dass sie ihn gefunden habe, und brauche unbedingt die Hose, weil um sieben ihr Mann von der Nachtschicht komme, und seine eigene Hose habe sie in ihrer Handtasche mitgebracht, weil sie nicht gewusst habe, ob sie ihn noch rechtzeitig auftreibt.

Da ist ihm alles wieder eingefallen: Wie ihm bei dem Streit mit der Jacqueline wegen ihrem Auto, das er nach der Fete beim Totenkopf-Willi auf einen Hydranten gesetzt und dabei den Schlüssel im Zündschloss abgebrochen hat, der Kragen geplatzt und er geflüchtet ist, die Karre kurzgeschlossen hat und in dieser Großraumdisco am östlichen Stadtrand gelandet ist, wo ihn die Blondine gefragt hat, ob er noch was vorhat, und wie er sich in der Wohnung von der Blonden beim Anziehen gedacht hat, dass ihm die Hose irgendwie zu groß geworden ist, und die Klotür mit der Wohnungstür verwechselt hat, wegen der Nachbarn nicht klingeln wollte und sich vor lauter Zorn und Blödheit in den Stehausschank gegenüber gesetzt hat, um zu warten, ohne zu wissen, auf was. Das war dem Jackie so peinlich, dass er seine Hose (ohne Notfallkondom) genommen und sich nicht zu fragen getraut hat, wie die Blonde eigentlich heißt.

Am nächsten Nachmittag hat der Hubsi angerufen: Das rumänische Model, das der Ferrari-Schorsch bei der Giulia Siegel ihrer Housewarming-Party aufgerissen hat, feiere in einer Großraumdisco am östlichen Stadtrand ihren 18., da komme man nur mit dem Auto hin, weshalb er dem Jackie auch eine Einladung besorgt habe. Der Jackie hat ihn mitten im Redeschwall unterbrochen: Er sei zurzeit am liebsten daheim, weil ihn der ganze Halligalli-Schmarrn mit den depperten halbprominenten Arschgeigen und ihren wurstgesichtigen Pseudomodels in seinem Alter nicht mehr interessiere. Dann hat er die Küche und das Bad geputzt, seine Hemden gebügelt, den Abfalleimer ausgeleert, sich aufs Sofa gelegt und gefreut, dass um sechs die Jacqueline heimkommt, und gedacht, dass sie ihr Auto einstweilen sowieso nicht braucht und es irgendwer irgendwann schon finden werde.

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1 Kommentar

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  • G
    Giesinger

    Ehrlich,

     

    was für ein super Text. Man sollte damit die Leopold tapezieren. Danke!