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Die WahrheitBeleidigte Finnen

Anke Richter
Kolumne
von Anke Richter

Neues aus Neuseeland: Was Finnland nicht alles hat! Wälder, Schnaps, lange Winter. Rentiere. Melancholie, Metal-Bands und Marimekko. Nur keine Atomwaffen – was ein Segen.

W as Finnland nicht alles hat! Wälder, Schnaps, lange Winter. Rentiere. Melancholie, Metal-Bands und Marimekko. Nur keine Atomwaffen – was ein Segen. Denn seit einer Woche bibbern wir vor dem dritten Weltkrieg. Den hat unser dicker Erdbebenminister um ein Haar ausgelöst. Er hat das Volk der Elchjäger und Saunagänger aufs Gröbste beleidigt. Und wie jeder weiß, der Aki Kaurismäki und Konsorten kennt: Der Finne versteht keinen Spaß.

Der Eklat begann im neuseeländischen Parlament. Die Labour-Partei plädierte dafür, sich doch Finnland als soziales Vorbild zu nehmen. Darauf konterte Gerry Brownlee von der National Party, Finnland habe eine „schlechtere Arbeitslosenquote als wir, kann seine Bürger kaum ernähren, hat eine fürchterliche Mordrate, bildet seine Menschen nicht aus und respektiert seine Frauen nicht“.

Was kann man dazu sagen außer dem Trinkspruch „Hölkyn kölkyn“? Im diplomatischen Dienst wird Brownlee mit so viel landeskundlichem Sachverstand und Feingefühl nicht mehr landen. Und von der Pisa-Studie hat er auch noch nie gehört, in der die Finnen weltweit an der Spitze glänzen. Das Finnen-Bashing sprach sich bis zum Nuklear-Gipfel in Südkorea herum, wo Neuseelands Premierminister John Key dem finnischen Präsidenten Sauli Niinistö über den Weg lief. „Sehr entspannt“ habe das nordische Staatsoberhaupt auf den pazifischen Tiefschlag reagiert, behauptet Key. Und Minister Brownlee habe nun mal einen „ausgelassenen Humor“.

Entspannt? Von wegen. Die Finnen sind völlig von Sinnen. Helsinki ist kurz davor, die Leningrad Cowboys gen Wellington zu schicken. Wahrscheinlich drohen dem schwergewichtigen Brownlee Peitschenhiebe mit frisch geschälten Birkenreisern in der Sauna samt Abkühlung im zugefrorenen See. Als erste militärische Maßnahme wurde der finnische Komiker Tuomas Enbuske auf die Kiwis losgelassen. In einer Ansprache wandte er sich in seiner Fernsehsendung auf Englisch an den neuen Erzfeind im tiefen Süden: „Hi there, Minister Gerry Brownlee!“

„Ich weiß nicht, ob Sie gerade Ihr drittes Frühstück essen oder Ihr fünftes Abendessen, aber wenn ich mir die Bilder anschaue, die wir hier in Finnland von Ihnen haben, dann bin ich sicher, dass Sie irgendetwas essen.“ Es folgte eine Aufzählung finnischer Erfindungen (SMS-Nachrichten, Geschirrabtropfschrank, zuckerfreies Kaugummi). Neuseeland habe dagegen das Spiel „Wie erschwindle ich Land von den Maori und fick sie ins Knie“ erfunden. Er zählte Formel-1-Rennfahrer, Architekten und Nobelpreisträger auf: „Wir haben Kimi Räikkönen“, so Enbuske, „Sie haben Schafe.Wir haben Alvar Aalto – Sie haben Schafe. Wir haben Martti Ahtisaari – Sie haben Schafe. Wir haben Nokia – Sie haben Schafe. Danke. Grüße aus Finnland.“

Entschuldigt hat sich Gerry Brownlee nicht, aber sein Urteil revidiert: „Wunderbares Land, sehr schlau, wir mögen vieles dort“, beteuert er jetzt. Und zeigt sein Nokia-Handy vor: „Ich trage immer ein kleines Stück Finnland mit mir herum.“

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Anke Richter
Anke Richter ist Wahrheit-Kolumnistin, Buch-Autorin und Mitglied von Weltreporter.net in Neuseeland. Zuletzt erschien von ihr die Auswanderersatire "Was scheren mich die Schafe. Unter Neuseeländern - Eine Verwandlung" (Kiepenheuer & Witsch).

4 Kommentare

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  • H
    HCL

    Wie schön muss das sein, Diplomatengehälter zu kassieren für so ein Gewaaf. Allerdings so lustig, dass davon kein Cent verschwendet ist! Sam, lass doch bitte mal die Finger von dem Roten Knopf, echt ey, an so nem schönen Tag..

    Anke, hast du das echt gemacht, den Maori das Land geklaut und se ins Knie gefickt?

    Müssen harte Winter in Finnenland sein, sich auszudenken, was alles mal war.

    HU (der ein Siemenshandy hat)

    PS.: Ehrlich, wenn Finnland aufrüstet und losmarschiert, dann müssen die sich schon nen Zettel an Kopp kleben wohin, damit wir es mitbekommen, dass se losmarschieren. Der kürzeste Weg auf Neuseeland wäre über Rußland. Hab mir von meim Großvater sagen lassen, dass das überhaupt keinen Spaß macht, da durchzulatschen.

  • SL
    Sam Lowry

    Vorab: ICH, als staatenloser Souverän, würde jederzeit die Pisa-Studie gewinnen (IQ 168).

    Doch leider machen fast alle Menschen den Fehler, Wissen mit Charakter zu verwechseln. Meine inoffizielle Weißenthurm-Klingenmünster-Studie hat nämlich für das Volk der "Psychopathischen Mörder" einen weitaus höheren Wissensstand als beispielsweise für "den gemeinen Finnen" ergeben.

    In der anschließenden Charakterstudie beider Gruppen fanden sich allerdings frappierende Parallelen.

     

    Somit erkläre ich, Sam Lowry, hiermit zur Vermeidung überfüllter Psychiatrien Finnland als Vertreter von mir selbst den sofortigen Atomkrieg. Die auf dem russischen Ebay-Portal erworbenen zwei gut erhaltenen (Original-Verpackung) SS-20 habe ich soeben in meiner Garage auf die Koordinaten von Helsinki und Ahrensburg programmiert. Da wohnt meine Ex, Halb-Finnin.

  • Y
    york

    (d)anke! habe sehr gekichert.

  • F
    Florian

    Schon erschreckend wie schnell eine einzelne Person das Image seines Landes torpedieren kann. Noch erschreckender die mangelnde geographische und politische Kenntnis. Wenn schon keine Ahnung, dann doch bitte nicht dieses Vakuum auch noch für ein bisschen Polemik in die Welt schnäuzen. Die gute Nachricht, liebe Finnen: der Dicke ist nicht repräsentativ. Und: so viele Schafe gibt's hier nu auch nicht. Die Anzahl der Kühe nimmt stetig zu.