Die Wahrheit: Jesus Christ Pornostar

Papst Benedikt präsentiert neuen Skandalfilm.

Gerade einmal 953 Zuschauer, was ziemlich genau der Einwohnerzahl des Vatikans entspricht. Bild: ap

Holy shit, so etwas will ich auch haben“, soll die erste Reaktion des Papstes auf die weltweite Massenhysterie der Muslime nach Veröffentlichung des Mohammed-Films gelautet haben. Das jedenfalls flüsterten vatikaninterne Quellen hinter vorgehaltener Hand am Rande einer eilig einberufenen Underground-Pressekonferenz in den Gemäuern der vatikanischen Nekropole, unterhalb des Petersdoms.

Vor wenigen Stunden sei man im Internet auf einen neuen Kurzfilm gestoßen, der Jesus Christus und die katholische Kirche in hohem Maße verunglimpfe. „Ein Skandal sondergleichen“, schimpft Kirchenoberhaupt Benedikt höchstpersönlich in die Mikrofone der geladenen Journalisten, wobei er ein leichtes Grinsen nicht unterdrücken kann. Dann wird die Gruft abgedunkelt und man zeigt einen circa 14-minütigen Zusammenschnitt des Films mit dem Titel „Jesus Christ Pornostar“.

Die Handlung des Films ist schnell zusammengefasst: Jesus Christus (gespielt von Daniel Brühl) ist ein raffgieriger und sexhungriger Trunkenbold. Egoistisch und selbstverliebt schlägt er sich durch sein von Gewalt, One-Night-Stands und Perspektivlosigkeit geprägtes Leben. Das Verhältnis zu seinen Eltern (gespielt von Heino Ferch und Veronica Ferres) ist gespannt. Nachdem Jesus den Schmuck seiner Mutter heimlich für Drogen und einen Puffbesuch verkauft hat, wird er zu Hause rausgeschmissen und landet auf der Straße. Er geht nach Jerusalem.

Dort verhurt er sich eine Zeit lang als Escortboy und verdient sich weiteres Geld durch Wahrsagerei sowie angebliche Brotvermehrung. Jesus war ein Betrüger und Erfinder des ersten Hefe-Wanderkuchens mit dem Namen Hermann, stellt der Film durchaus gekonnt heraus.

Im Verlauf der Geschichte wird Jesus zudem Mitglied einer gefürchteten Mokkabande, den Heaven Angels. Die sorgen vor allem durch ihren gepanschten Latte macchiato für Unruhe in den Szenecafés von Jerusalem. Sogar Kontakte zur NSU, auf Deutsch „Die judäische Volksfront“, werden ihm nachgesagt. Der römische Verfassungsschutz wird aufgrund interner Querelen jedoch nicht auf ihn aufmerksam.

Mit nicht einmal 32 Jahren ist Jesus am Ende. Nach einer erotischen Nacht mit einem Ministranten, einem wohlhabenden älteren Mann und einem Esel liegen alle vier zufrieden rauchend im Stroh und spielen Wahrheit oder Pflicht. Jesus entscheidet sich für Pflicht und muss sich danach von einigen Römern (gespielt von Henry Maske und den Klitschko-Brüdern) erst foltern und anschließend ans Kreuz nageln lassen.

„Na, wenn das kein Skandal ist“, ruft der Papst empört, als der Film zu Ende ist und das Licht wieder angeht. Auf die Frage, warum der ältere Herr und Liebesgefährte von Jesus dem Papst wie aus dem Gesicht geschnitten sieht, antwortet dieser wie aus der Pistole geschossen, dass dies ganz offensichtlich die perfide Absicht des kranken Regisseurs gewesen sei. Dabei kichert er.

Der Regisseur sei ein bekannter alkoholkranker, amerikanischer Fanatiker und Frauenhasser Namens Gel Mibson. Schon in der Vergangenheit sei er durch geschichtsfälschende und brutale Filme aufgefallen, schimpft der Papst überzeugend, offensichtlich ganz in seinem sich echauffierenden Element aufgehend. Dabei haut er mit der Faust auf ein vor ihm liegendes Buch von Michail A. Cechov. Es trägt den Titel „Die Kunst des Schauspielers“.

Man habe den Schritt an die Öffentlichkeit gewagt, weil man auf ähnliche Reaktionen wie bei den muslimischen Brüdern im Geiste hoffe, fährt der Papst fort. „Dieser Film wird unsere Schäfchen emotionalisieren und auf die Straßen treiben“, betont er. „Die katholische Kirche schnuppert endlich wieder Höhenluft!“

Auf die Frage, was man zu tun gedenke, wenn die erhofften Reaktionen ausbleiben – immerhin ist die wirtschaftliche und gesellschaftliche Gesamtsituation im Westen erfahrungsgemäß zu gut, um die trägen Schäfchen dauerhaft zu mobilisieren –, antwortet der Papst: „Zur Not müssen wir eben über eine neue Inquisition nachdenken, eine Inquisition 2.0 sozusagen.“ Immerhin habe sich dieses Vorgehen schon einmal bewährt. Und die Sache mit den brennenden Hexen, die sei doch bestimmt ein gefundenes Fressen für die Medien. In Zukunft werde es deshalb heißen: „Godnews are bad news. And bad news are good news.“

Nachtrag: Zwei Tage nach Veröffentlichung des Films wurde dieser von gerade einmal 953 Menschen geschaut, was ziemlich genau der Einwohnerzahl des Vatikans entspricht. Weltweite Proteststürme blieben bislang aus. Dafür, so hört man aus Cannes, soll der ältere Herr und Jesus-Liebhaber für die goldene Palme als bester Darsteller nominiert worden. Äußern wollte sich dazu im Vatikan bislang niemand.

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