Die Vorschau: Mettwurst mit Patzern
■ Gewissenskonflikt für Fußballer: Während Frankreich Zoffs Elf in Schutt und Asche bombt, singt das taz-„Montag“
Was wäre über „Das Montag“ nicht alles zu sagen. Seit Monaten nistet es sich montags in der rechten, oberen Ecke unserer taz-Schlagseite ein, zum Zwecke umfassender Demoralisierung unserer Leser für die ganze Arbeitswoche; manche Leser halten es für hintergründig, aber das ist eine optische Täuschung; draußen auf der Straße ist „Das Montag“ von Verfassungsschützern und allen anderen zu erkennen an seinen fulminanten Halsketten aus quitschigen Glaskugeln, bevorzugt grün; es heißt Karl-Heinz Otto mit Vornamen und leidet nicht mal darunter; sein Anrufbeantworter schnurrt „Schäfer macht gerade Werbung“, erstens weil sein Nachname Schäfer lautet, zweitens weil es seinen Schafsmagen mit Brotjobs als Werbetexter füllt; es schneidet sein Haupthaar ausschließlich selbst, ausschließlich vor Klospiegeln von Viertelkneipen und ausschließlich mit einem Blutalkoholwert über zwei Promille – und sieht trotz allem lieb aus; es sang einst in der supertollen Whau-Core-Punk-Gruft-Haha-Band „Tristan Tzara“.
Nun ist es ihm gelungen, sich in eine neue Bremer Band einzuschleichen. Diese heißt „Dakhma“, was im Iranischen – oder war's das Schwäbische? – irgendwas von wegen Totenaufbahrung auf Berggipfeln zum Zwecke der Sättung von Aasgeiern bedeutet. Dies ist bedeutsam. Denn in der Tat würde die Musik von „Dakhma“ wahrscheinlich wie sauber abgenagte Knochen auf Berggipfeln klingen (klackklackklack), wenn, ja wenn es in Bremen Berge gäbe. Aus Verzweiflung über deren Abwesenheit aber fallen Gitarre, Bass, Schlagzeug und Das Montag (Stimme und Saxophon) aasgeiergleich über musikalische Themen her. Dabei spritzt zwar kein Blut, doch die Taktordnung wankt bedenklich. Der psychoanalythische Hintergrund dafür: Bei „Dakhmar“ handelt es sich um eine Schicksalsgemeinschaft. Alle vier Musiker blicken voller Gram zurück auf eine Jugend in diversen Schützenvereinen. Einer der Musiker traf sogar mal versehentlich die Scheibe und erhielt dafür eine Mettwurst.
Die unweigerliche Folge: Dakhma spielt laut Aussage von Herrn Schäfer „zwar schlüssig aber nicht stimmig. Es wird Patzer geben.“ Vielleicht sollte noch erwähnt werden, dass es sich trotz allem um exquisite, erfahrene Musiker handelt. Ihre Liedtexte lösen Sinnfragen; aber nur die von Mondkälbern. bk
2. Juli, 21 Uhr: „Dakhmar“ und „Make up“ im Magazinkeller des Schlachthof
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen