■ Die UNO als Hindernis für den Friedensprozeß in Bosnien: Nur Druck von außen hilft
Die These, daß nur Druck von außen etwas in Bosnien-Herzegowina wie im gesamten Ex-Jugoslawien bewegen kann, wurde dieser Tage eindrucksvoll bestätigt. Das Waffenstillstandsabkommen zwischen der Führung der kroatischen Westherzegowina und der bosnischen Regierung läge wohl immer noch in den Schubladen, hätten nicht die Europäische Union und auch Deutschland Kroatien mit wirtschaftlichen Konsequenzen gedroht. Und die Waffenruhe in Sarajevo wäre wohl weiter ein Wunschtraum, hätte nicht der US-amerikanische Präsident bis kurz vor dem Ablauf des Ultimatums überzeugend an der Option der Luftangriffe festgehalten.
Es ist in der Tat bemerkenswert, welch klägliche Rolle die Führung der Vereinten Nationen zu spielen beliebt. Dabei ist das Zurückhalten von Informationen und deren Manipulation nur das geringere Übel, wenngleich dies äußerst ärgerlich und schädlich ist. So werden die bewaffneten Zwischenfälle, der Beschuß von Enklaven wie Srebrenica und die Angriffe auf Bihać und Tuzla seit Monaten und Wochen heruntergespielt. Am letzten Wochenende wurde nicht nur die Zahl der serbischen Stellungen in und um Sarajevo verschleiert. Mit dem Schachzug, russische Truppen in dem serbisch besetzten Stadtteil Grbavica zu stationieren, wird sogar ein Konflikt zwischen den USA und Rußland heraufbeschworen. Leider scheint der Anteil der britischen Politik an dieser Haltung der UNO vor Ort übermäßig groß.
Die Vereinten Nationen sind mit dieser Führung und Politik sogar zum Hindernis für friedliche Regelungen in Ex-Jugoslawien geworden. Denn wer den Druck auf die beiden Aggressoren in Bosnien-Herzegowina abzumildern sucht, verlängert den Krieg. In bezug auf Kroatien muß die Drohung mit wirtschaftlichen Boykottmaßnahmen – auch deutscherseits, denn die Bundesrepublik hat nun einmal großen Einfluß in Kroatien – verstärkt werden. Tudjman muß endlich klargemacht werden, daß seine Politik der Aufteilung Bosnien-Herzegowinas zwischen Serbien und Kroatien und seine totalitären Methoden in der Innenpolitik keine Zukunft haben. Und in bezug auf die serbische Seite zeigt das Beispiel Sarajevo, daß ohne ernsthafte militärische Drohungen Karadžić und Milošević nicht zum Einlenken zu zwingen sind. Jetzt muß es darum gehen, die Drohung mit Bombenangriffen auf andere Brennpunkte in Bosnien-Herzegowina auszuweiten. Es ist zu hoffen, daß Präsident Clinton seine feste und überzeugende Haltung vom letzten Wochenende auch in Zukunft beibehalten wird. Erich Rathfelder
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